Blog14 Gabun Kongo I

Campingurlaub am Äquator Ende 2013

 

Respekt vor zwei Menschen die Afrika weltbewegend verändert haben:

Nelson Mandela der in der Nacht, vor meiner weitereise aus Yaoundé, in Südafrika, verstarb. Ein Menschenrechtler der Jahrzehnte im Gefängnis verbrachte und sich nicht hat unterkriegen lassen. Erst nach seiner Freilassung, in den neunziger Jahren, wurde in Südafrika die Apartheid abgeschafft. Südafrika - fast schon greifbar nahe - und noch trennt mich der Kongo Fluss und die DRC von diesem Land.

Der zweite Mensch ist Albert Schweizer. Vor genau einhundert Jahren gründete er das Krankenhaus in Lambarene im Gabun, einem spannendem Städtchen mitten im Urwald. Ein Humanist der sich für die Menschen aber auch Tiere hier in Afrika einsetzt. Zu einer Zeit wo die meisten nur an die Ausbeutung dieses Kontinents dachten. Hier baute er das wohl modernste und das am besten ausgestattete Krankenhaus Afrikas. Er schaffte es sein Projekt bekannt zu machen und weitere Ärzte und Krankenschwestern aus Europa nach Afrika zu bringen.

Die Mutter Teresa Afrikas. Auch wenn ich nicht viel von Vorbildern halte, er ist einer der Menschen deren Lebensweg beeindruckend und nachahmenswert ist.

Nach zwei Wochen Stadtleben rolle ich raus aus Yaoundé.

Hügelige, bergige Landschaft, anfangs kommen noch viele Dörfer. Die Straße so verträumt und unbefahren wie vor Bamenda, wie Kamerun anfing, so romantisch hört das Land auf.

Der Dschungel Highway No. 2 - die Transafrika. Was bei uns eine unbefahrene Bundesstraße über den Vogelsberg wäre ist hier die Landeshauptstraße, die sich durch den Gabun fortsetzt.

Mein Zelt ist meine Hundehütte die ich liebe, mit der ich mich abends so tief wie möglich in den Urwald verziehe. Biki ist mein Hundeknochen mit dem ich den ganzen Tag spiele.

Biki mein Lieblingsspielzeug. Rollen durch den Urwald. Vorbei an verträumten Orten.

Das Bild Afrikas, fast so wie es vor hundert Jahren nicht großartig anders war. Fortschritt und Bildung werden hier nicht so wichtig gesehen. Ich gleite durch die immergrünen Wälder. Grün in allen Farben: Moosgrün, Blau- Rot- Gelbgrün, Türkisgrün, Apfelgrün, Avocadogrün, Grasgrün und Dunkelgrün.

Für die Millionen Grüntöne hier reicht die Farbauflösung meiner Kamera lange nicht mehr aus, wäre ja aber auch schade wenn man alles Digital festhalten könnte, dann bräuchte man ja nicht mehr zu reisen.

Am Abend in den Wäldern, Tier- und ohrenbetäubendes Vogelgeschrei, die ganze Nacht durch. Ich nähere mich dem Äquator. Meine Straße gleicht einer grünen Schneise die in den Urwald geschnitten ist. Oft sieht man den Urwald vor lauter Bäumen nicht.

Schon zehn Kilometer vor der Grenze zu Gabun erhalte ich im Kamerun den Ausreisestempel, noch etliche Kontrollen ehe es über eine Brücke in den Gabun geht. Eine Bretterbude, die Immigration, ich fülle einen Zettel aus, damit soll ich am besten noch heute nach Batam.

Batam liegt ganze vierzig Kilometer weiter im Land. Es ist nach vier und das Office dort macht um fünf Uhr zu.

Hahaha soll wohl ein Witz sein warum können die nicht wie jede andere Grenze auch mir hier den Einreisestempel geben???

Zudem halten mich noch drei Weitere Stopps auf den nächsten Kilometern auf.

Nee viel zu viele Hügel mit Auf und Abfahrten. In einer Bar ruh ich mich aus und genieße eine Limonade. Gabun mein inzwischen fünfzehnte afrikanische Grenze die ich überschreite, der Einreisestempel muss bis morgen warten. Wieder verkrieche ich mich von der Straße ins Gebüsch.

Mittags erreiche ich Batam, einen kleinen Ort, der Hauptstadt in diesem Gebiet, aber viel größer sind die Städte nicht durch die ich komme. Immigration, wie immer lässt man den weißen Mann gerne warten, obwohl im Office keiner ist: Warten im Vorzimmer. Dann soll ich Photokopien vorbringen. Erst die von meinem Perso, die habe ich immer bei mir, kein Problem. Dann die von meinem Visum. Also los, einen Kopierladen im Dorf ausfindig gemacht und nach fünf Minuten komme ich mit der Kopie. Ach so, auch noch eine Kopie von meinem Impfausweis! Sowas kann man ja nicht gleich sagen, wieder losgetigert und mit einem Lächeln abgegeben. Irgendwann eine halbe Ewigkeit später zückt er den Einreisestempel und ich bekomme meinen Pass zurück.

Ja, hier passiert ja sonst nichts. So gleite ich Richtung Süden auf und ab durchs – erwähnte ich es schon?

Grüüüne Hinterland

Alle paar Kilometer kleinste Dörfchen, meist nur sechs sieben Hütten. Manche wirken geisterhaft, gerade zu verlassen, kennt man den Houble- Trouble anderer afrikanischer Orte. Abends verkrieche ich mich ins Zelt. Jede zweite Nacht kräftige Monsunregen, erfrischend und abkühlend. Dazu Blitze und Gewitter am Horizont, ein echtes Schauspiel. Am Morgen trocknet das Zelt in kürzester Zeit. Trotz Bewölkung knallt die Sonne durch die Wolkendecke.

Der Tag nach Freitag dem Dreizehnten. Meine Klamotten müssen nach der tollsten Blume Afrikas riechen. Keine Ahnung warum diese kleinen schwarzen Bienen so auf meinen T-Shirt Schweiß stehen? Schon in den letzten Tagen immer wieder ein Bienenschwarm auf meinen Klamotten.

Ein Nieselregen am Morgen, ich ziehe im Halbschlaf das Vorzelt zu. Zwanzig Minuten später – an Ruhe nicht mehr zu denken. Hunderte Bienen die, angelockt von meinem „Klamottenduft“, nun an meine Zeltwand trommeln.

Ein ganzer Schwarm Bienen die unter dem Außenzelt durchgekrochen kommen und nicht mehr rauskommen. Ich liege geschützt im Innenzelt, noch!!! Es werden mehr und mehr Bienchen, ich muss was unternehmen.

Zum Glück sind lange Hose und ein Longsleeve neben mir im Zelt, und nicht wie die anderen Klamotten zum Lüften unterm Vorzelt. Mit langen Klamotten und dem Innenschlafsack als Turban auf dem Kopf, wage ich mich raus. Vorsichtig und so ruhig ich kann öffne ich den Reisverschluss der mich von den Tierchen trennt, und dann weiter zum Reisverschluss vom Überzelt. Wie ein Aal gleite ich raus. Obwohl ich draußen und die meisten Bienen noch unter Der Zelthaut klebt schon ein Schwarm Bienen auch an mir. Irgendwas muss an meinen Klamotten so gut riechen wie ihre Königin.

Ich laufe erst einmal ein paar Meter, so ruhig es geht, dann renne ich aus dem Feld.

He was krabbelt da an meiner Brustwarze??? Aaaah au! Der erste Stich. 1:0 für die Bienen.

Noch liegen alle mein Sachen da unten.

Ohne einen weiteren Stich schaffe ich es das Überzelt abzubauen und befreie somit die meisten Tierchen. Beim raus gleiten aus dem Innenzelt hatte ich nur vergessen den Reisverschluss wieder zu zuziehen, so das gut zwei Dutzend Bienen auch im Innenzelt sind.

Beim Packen der Sachen Stich zwei und drei, dabei schleife ich alles fast hundert Meter weit weg.

Jetzt stehen da unten nur noch Biki und das Innenzelt. Beim Versuch die letzten Bienen auszuschütteln werde ich ein viertes Mal gestochen. Selbst beim Packen lassen sie mich nicht in Ruhe dabei bin ich eine ganzes Stück weiter gezogen. Am Ende bleibt es beim 4:0 für die Bienchen.

So leicht angestachelt sehe ich zu das ich wegkomme. Sitze zwanzig Minuten mit meinen langen Klamotten auf Biki, radeln gegen den Stichschmerz bis das pochen etwas nachlässt. Ich habe noch nicht gefrühstückt. Hinter einer Brücke mache ich Halt um mich aus den Klamotten zu pellen und mich etwas zu stärken. Der zweite Fehler! Schon nach kürzester Zeit umhüllt, dieses Mal von einer schwarzen Wolke Minifliegen.

Ich schaue extra nochmal auf mein Navi. Die Satelliten verraten mir: nein heute ist nicht mehr Freitag der dreizehnte.

So hastig wie das Zelt und die Klamotten zusammen gerafft wurden, so hastig verläuft nun auch das Frühstück.

Dafür wird die Strecke Abwechslungseicher, nach Tagen geht es raus aus der Urwaldschneise.

Ich überschreite den Äquator, ich bin auf der südlichen Halbkugel angekommen.

Meine Nationalstraße verläuft neben einem Flusslauf, der mündet in einen richtig großen Strom.

Bis zum Äquator war die Straße Gabuns ein Traum, fast schon nordeuropäische gute Bundesstraße mit nahezu keinem Verkehr.

Jetzt nimmt das ganze wieder afrikanischen Standard an, Schotter, Staub und Schlaglöcher. Hier stoppt das verträumte vor sich in die Pedale treten. Jedes Fahrzeug das mir entgegen kommt oder mich überholt wirbelt eine Staubsandwolke auf, viele Schlaglöcher, denen man ausweichen muss.

Hier wird im großen Stil gebaut. Viele Baumaschinen die die Berge abgraben, um die Straße nicht völlig in eine Achterbahn mit tausenden von Höhnmetern zu verwandeln. Chinesen, die sich mit den Baumaschinen austoben. Schon Tags darauf wird die Straße wieder gut. Ein halber Tag Einstimmung was mich wohl bald wieder erwartet: Afrikanische Lehm- und Schotterpiste. Hier in Gabun die Nord-Süd Verbindung, geradezu phantastisch.

Ich freue mich über den abwechslungsreichen Tag und merke kaum wie die Zeit vergeht. Mein Magen meldet sich. Ja, hier am Flussufer fast keine Dörfer mehr. Erst nachmittags ein größerer Ort mit Essenständen.

Schlauerweis nehme ich mir schon mein Abendessen mit, was nicht so schlau ist: Ich habe nur noch einen Liter Wasser.

Es geht gleich steil aus dem Ort raus, das obwohl die Straße dem Flusslauf folgt, nichts, keine Orte, nur dichter Urwald. Zudem steile Rampen. Wozu siebenundzwanzig oder dreißig Gänge am Fahrrad, wenn man doch nur zwei braucht? Den kleinsten bergauf und den größten runter.

Ein X-tes Mal schwitzen wie Schweinchen an diesem Tag. He, bis jetzt kamen alle fünf bis sechs Kilometer eine Ansammlung Häuser und seit dem letzten Ort nichts, gar nichts. Die Rampen hoch und runter, mache ich mehr Höhenmeter als ich vorwärtskomme. Mit Schrittgeschwindigkeit hoch und sechzig Sachen runter. Ein toller Sonnenuntergang vor mir, aber kein Dorf, keine Siedlung um an Wasser zu gelangen.

Erst Punkt sechs ein Nest, ohne Brunnen oder Laden in dem ich hätte Wasser kaufen können.

Immerhin, altes abgestandenes Wasser, bekomme ich. He, wäre heute gestern, würde ich abergläubig. Nein, es ist Samstag der vierzehnte Dezember.

Zum Abschluss des Tages finde ich doch noch einen traumhaften Dschungel Campingplatz, genieße mein Takeaway vor dem Zelt im Mondschein. Dieses Mal ohne Bienen und Fliegenschwärme. Nur zwei drei Moskitos, das wars. Ich bin gerade ins Zelt gekrochen, fängt es zu schütten an.

Ich liebe es, geschafft im Zelt zu liegen und den Trommelregen auf dem Außenzelt zuzuhören.

Ein weiterer Blick aufs Navi verrät: gute hundert Kilometer geradelt, aber über zwei tausend Höhenmeter, das obwohl es ja nur „flach“ am Flusslauf entlang ging. Ja manchmal ist die Transafrika Urwaldautobahn eben doch nicht so ganz eintönig und nur grün.

Ameisen und Termiten die denken meine Ortliebtaschen wären ihre neue Ritterburg, Fliegenschwärme so dunkel wie die Nacht, krabbeln in die Nase und Ohren und Flöhe in meinem Innenschlafsack.

Ja, das sind die wahren wilden Tiere Afrikas, von Löwen und Elefanten keine Spur. Mal leicht angestachelt oder zerstochen von Flöhen. Akkupunktur auf Afrikanisch. Nein, wirklich helfen tut’s kaum. He, obwohl mich selten etwas Juckt, hier gönne ich mir in einer Apotheke eine teurere Salbe gegen Insektenstiche so zerstochen bin ich.

Am Straßenrand hängen Babyalligatoren neben Affen, die mal wieder als Bushmeat angeboten werden. Richtig lecker schmeckt Antilope. Superschnelle Afrikaner die dem Tier hinterherrennen und mit der Hand einfangen. Kein Wunder das es sooo viele schnelle Läufer aus Afrika gibt.

Nein ich nehme an sie werden geschossen. Immer wieder sehe ich, meist Jugendliche, mit abgesägten Schrotflinten, auf der Pirsch.

In den Dörfern, ein an der Leine gehaltenes Äffchen, als Kinderspielzeug.

Ja, Jagen – das ist Überleben und Spiel zugleich. Gabun, eigentlich ein reiches Land aber nur die reichsten Städter haben das Geld, wie überall in Afrika auch. Die oberen zehn Prozent besitzen neunzig Prozent des Landes. Zu dem ein „gewählter“ Präsident: Ali 9, überall quer auf die Straße gepinselt. Sein Vater war der längst gewählte Präsident den es jeher gab und jetzt ist der Sohnemann dran. Jaja: and the rich get richer. Es bleibt eben alles in der Familie.

Lambaréné, der Ort der wohl bekannter ist als Gabun das Land. Ein Mann der diesen Ort berühmt gemacht hat: Albert Schweizer. Ein Theologe, Humanist der sich tierisch für Afrika einsetzte. Um vor Ort zu helfen hat er im Zweitgang Medizin studiert, um dieses Krankenhaus hier aufzuziehen.

So entsteht hier in Lambaréné eben dieses so bekannte Buschkrankenhaus. Verträumt an einem Flusslauf liegt dieses alte kleine Hospital. Weiter oben auf dem Gelände befinden sich heute die neueren Klinik Gebäude. Vor genau einhundert Jahren wurde dieses Hospital gegründet: 1913. Heute ein tolles Museum. Ein lebendiger Schauort für die Geschichte dieses Krankenhauses. Was damals wohl das Modernste an Technik zu bieten hatte, was es in Afrika gab. Modernste Geräte und die Räume selbst heute hundert Jahre Später, Moskito- und Insektenfrei.

Was von außen wie ein unscheinbarer Schuppen aussieht ist eine sehr durchdachte Holzkonstruktion. Sämtliche Winkel wurden mit guten Moskitogittern versehen, die heute noch, hundert Jahre später, ihren Dienst machen.

Über dem Krankenhaus die Grabstätten von Albert Schweizer, seiner Frau und seiner Tochter.

Ein Ort der Andacht, von dem was Möglich ist und war. Leider gibt und gab es zu wenige Menschen die sich wirklich für Afrika einsetzen. Obwohl es die Menschen verdient haben. Gerade Gabun, eines dieser unbekannten Länder. Heute sind nur noch die Investoren daran interessiert Geld, Gold, Diamanten, Tropenholz oder Öl aus diesem Land zu exportieren.

Öl aus dem Boden oder in Form großer Ölpalmplantagen. Gabun auch deshalb interessant wegen seiner „familiären“ stabilen politischen Lage.

Dieser super ausgebauten Nord-Süd Straße quer durch den Urwald, mit Anbindung an Libreville der Hafen und Landeshauptstadt. Gabun fast so groß wie Deutschland aber mit fünf Millionen Einwohnern hat das ganze Land gerade mal so viele Menschen wie in Berlin leben. Zudem ist das Land reich an Bodenschätzen, Gold Öl Diamanten und jeder Menge Urwald zum abholzen.

Ja, dieses Land ist geradezu geeignet ausgebeutet zu werden. Die wenigen Menschen die sich übers Land verteilen, viel zu ungebildet und unpolitisch. Die paar mit Bildung haben ihre Finger mit im Geschäft.

Bis hundert Kilometer vor der Grenze im Süden nach Gabun die wohl am besten ausgebaute Landesstraße Afrikas. Streckenweise bestückt mit steilen Rampen und rasanten Abfahrten, aber je weiter ich in den Süden komme, desto Flacher wird es.

Mein größter Gegner in Gabuns Urwald ist nicht die Straße. Aber nicht nur Moskitos, nein, kleine Fliegen in riesigen schwarzen schwärmen, wie die Bienen vor vier Tagen. Nicht die Großen wilden Tiere vor denen ein jeder Warnt. Mücken und Knebelfliegen vom Schweiß angezogen, wenn ich halt mache, abends das Zelt auf- und morgens wieder abbaue.

Eine Hundertschaft an Minifliegen die auf mir hocken unter die Klamotten und in jede Körperöffnung kriechen. Nase, Ohren, in die Haare – einfach überall dringen sie ein, sie fliegen noch nicht einmal weg wenn du zuschlägst. Die Feldarbeiterinnen tragen trotz Hitze lange Kleidung und Kopftücher. Wie ich sind sie umgeben von einem Fliegenschwarm. Unglaublich das man so etwas ertragen kann. Mit der Zeit lernt man wohl damit umzugehen. Afrika – ja man erlebt und erträgt schon so einiges.

Mehrfach habe ich abends mein Zelt etwas abseits der Dörfer in Feldern aufgestellt. Morgens kommen die Arbeiterinnen, meist Frauen, und machen als erstes eine Brotzeit. Oft ein längerer Weg vom Dorf zum Feld. Wie selbstverständlich wir das Brot geteilt, ich gebe etwas von meiner „Kaffeekreation“ ab.

Im Süden Gabuns nur noch wenige Dörfer, lange Strecken dazwischen. Dafür jede Menge Fluss und Bachläufe die ich überquere. Alleine was hier an Wasserkraft vorhanden ist würde zehnfach den hiesigen Strom-Bedarf decken.

Mouila, letzte kleine Stadt im Süden des Landes. Hier hört der schöne Asphalt auch auf. Eine siebzig Kilometer lange gute Schotterpiste nach Ndende. Gut befahrbar, nur die paar LKWs die mich überholen wirbeln dicke Staubwolken auf. Die Landschaft hat sich verändert, kein dichter Urwald mehr, kein auf und ab. Weite steppenartige Ebene. Das dunkelgrün ist eine helle Grasgrüne Fläche geworden. Hier in der Ebene wurde als erstes, schon vor Jahren, der Tropenwald abgeholzt. Längst wieder von eine dichten Graslandschaft überzogen.

Nach den siebzig Kilometern ein letzter Ort. Ein Schild das Richtung Kongo weist.

Was jetzt folgt, ist die Einstimmung auf das was mich an Piste im Kongo erwartet. Schlamm, Staub, riesen Pfützen, dazu spitze Granitsteine die aus dem Boden ragen.

Fast hätte ich es ohne Platten durch den Gabun geschafft, auf den letzten Kilometern erwischt mich es gleich vier Mal. Ich zweifel fast an meine Reparaturkunst, aber es ist immer an einer anderen Stelle der Platten. ich habe eine sichere Methode Löcher zu flicken und festzustellen an welcher Stelle der Platten im Mantel Entstand. Bis jetzt waren es zu neunzig Prozent feine Metalldrähte der Abgefackelten PKW und LKW Reifen. Jetzt stechen die spitzen Steine durch. Sollte ich doch langsam mal die Mäntel wechseln? Seit Frankreich habe ich keine Neuen Mäntel mehr aufgezogen.

Etwa zwanzigtausend Kilometer. Aber ich habe den Ehrgeiz die Reifen zum es-geht-nicht-mehr runterzufahren. Sollte der Punkt jetzt erreicht sein? Die letzten Kilometer Gabun, Slalom um Pfützen und Steine so gut ich ausweichen kann.

Zehn Kilometer vor der eigentlichen Grenze eine unbewachte Schranke, in der Hütte dahinter bekomme ich meinen Ausreisestempel. So ganz ohne Probleme oder irgendwelche Fragen.

Der Verkehr beschränkte sich auf ganze drei Autos und zwei Motorrädern die gleich drei Mal an mir vorbeiziehen.

Wieder eine dieser Grenzen wo man ein ganzen Stück durch die Landschaft radelt ehe der nächste Grenzposten kommt.

Eine verträumte Brücke dahinter ein steiler Anstieg auf einer ausgewaschenen, für PKWs, unbefahrbaren Straße. Und wieder eine komplett unbewachte Schranke.

In der Markthalle nebenan finde ich den Zöllner, wie so ein Waschweib sitzt er da und schwätzt mit den Marktfrauen.

Immer mit der Ruhe, he der Tee wird erst noch zu Ende getrunken. Ich setze mich dazu du bekomme ebenfalls eine Tasse Tee eingeschenkt.

Einreise-Stempel an der Grenze? Nee ganz so schnell geht’s nicht. Mein neuer Freund schickt mich jetzt zum Polizisten im Dorf. Der Hilfssheriff vorm Revier beim Wäschebügeln. Halbherzig stiefelt er los und sucht seinen Vorgesetzten. Findet ihn nicht und gibt mir zu Beschäftigung einen Schrieb den ich ausfüllen soll. Ein Dokument über mein Fahrzeug. Es dauert zehn Minuten ihm zu erklären dass ich keinen Motor habe und es keinen Fahrzeugschein für Fahrräder gibt. Endlich kommt auch der Gendarm und erklärt ihm ebenfalls dass ich diesen Wisch nicht brauche.

Ein zweites Mal werden meine Daten in ein dickes Buch eingetragen und wieder werde ich weitergeschickt zum Immigration Office.

Hier macht wirklich jeder dass wozu er Lust hat. Mein Immigration Officer ist auch nicht vor Ort. In der Bar gegenüber frage ich nach. Ein Junge wird losgesendet Mr. Martens zu suchen.

Nach ein paar Minuten warten in der Hitze gönne ich mir eine Lauwarme Limo. Es ist Nachmittag und seit dem Morgen habe ich kaum was getrunken und gegessen. Für ein Sandwich schicken die mich hundert Meter weiter an die nächsten Bar. Hier bekomm ich eine Packung Kekse, treffe auch den für mich zuständigen Immigration Officer, bei einem Bier. Zusammen laufen wir zurück und nach einer Stunde Zicke-zacke durch mein erstes kongolesisches Dorf, bekomme ich den Eireisestempel.

Martens, mein Immigration Officer lädt mich jetzt sogar zu einem Bierchen und zum übernachten ein. Das Bier nehme ich dankend an, die zweite Runde gebe ich aus. Zum hier übernachten habe ich zu viel Pfeffer unterm Arsch.

Fröhlich und gut angeheitert nach eineinhalb Litern Bier rolle ich die Ersten Meter auf Kongos „Straße“.

Slalom um immer größer werdende Pfützen, manche die soooo groß sind das ein umfahren nicht mehr möglich ist. Knietief Seelandschaften die sich da auftun.

So groß das ich erst einmal zu Fuß durchwate um festzustellen an welchen Stellen sie wie tief sind.

Ja - Kongos Straßen haben schon auf den ersten Metern und Kilometern alles zu bieten was so eine Urwaldpiste bieten kann. Schlaglöcher fast einen Meter tief - mal verschlammt - mal Staubtrocken. Steinig und schwer zu fahren.

Die LKWs hier - oft Uralte Mercedeslaster aus den Sechzigern als Personenbeförderungsmittel.

Wer schon immer gerne mal S- Bahn surfen auf Urwaldpisten erleben wollte, bitte.

Die Meisten Leute stehen eng an eng eingepfercht auf der Ladepritsche, während ein paar „Äffchen“ ganz oben drauf rumturnen oder sich seitlich und hinten am Gestänge festhalten. Das ganze bei der Schlagloch Wellblechpiste. Ja das ist Abenteuer Afrika, und den Jugendlichen scheint’s zu gefallen. Sie jauchzen und gröhlen geradezu fröhlich von oben. Dabei wirbelt der Truck jede Menge Staub auf, so dass ich immer eine Weile abwarte bis sich der Staub wieder gelegt hat. Nur alle halbe Stunde einer dieser Transporter oder ein noch größerer Truck der Tropenhölzer abtransportiert.

Mehr Menschen als Fahrzeuge auf dem Weg, die oft schwere Lasten auf dem Kopf balancieren. Alle sieben, acht Kilometer ein Örtchen. Schon hier ist Kongo deutlich dichter besiedelt als Gabun. Zudem viel mehr Kids. Laut schreiend rennen sie mir hinterher.

Ja, das war sehr viel angenehmer im Gabun und Kamerun. „Good Morning Mister“ schreien die noch nachmittags. Das was der erste losplappert wird im Chor von den anderen repetiert. Dazu wollen sie alle Naselang ein paar Bonbons oder Cookies. Klar, wenn ich einem was abgebe wollen die anderen dreißig auch was. Unglaublich binnen Sekunden bist du umzingelt von einer Horde neugieriger Sprösslinge.

Ja, ich bin das Entertainment, die Abwechslung des Tages. Die Schule fällt heute wie an so vielen Tagen wegen Lehrermangel aus. Ein Lehrer der gleich an drei Schulen unterrichtet. Da war die Situation im Gabun geradezu traumhaft. Es müsste hunderte, tausende Albert Schweizer geben um die Situation zu ändern.

Irgendwie scheinen es die Jungs hier nicht so ganz organisiert zu bekommen. Während wir in dem Organisationswahn und Beamtendschungel fast ersticken, fehlt es hier gänzlich. Ja, viele Afrikaner die immer noch erwarten oder denken dass der weiße Mann helfen muss. Dabei werden sie oft von ihren eigenen Leuten ausgenommen, die das System für sich unter Kontrolle halten. Wie kann es sein das ein Mann nach der Diktatur zum Präsidenten gewählt wird und dann sechzig Jahre Präsident bleibt?

Das riecht nach Macht und Korruption. Recht hat wer Geld besitzt. Ansonsten absolute Willkür. Man ist von der Stimmung des Beamten abhängig der einem begegnet. Korrupt sind immer nur die anderen, aber als Motivation werden immer ein paar bis hundert Euro entgegengenommen.

Nein es ist Zeit für eine Revolution, kein Bürgerkrieg. Zeit das die Masse sich emanzipiert, sich Bildet und selber auf die Hinterbeine stellt. Viele die das Problem erkennen. Die Infrastruktur muss aufgebaut werden in erster Linie mal gute Straßen und Schulbildung. Aber schon beim zweiten Satz könnte ich sie oft erschlagen. Gott wird’s schon richten! Nein, wird er nicht.

Bis Weihnachten radele ich durch das verträumte Hinterland Kongos. Vier Tage von der Grenze Gabuns, zur ersten Stadt, nach Dolisie. Ein verträumte aber schlecht zu fahrende Wellblechpiste. Wenig verkehr, es wird wieder etwas Hügeliger. Glatzköpfige Grüne Bergkuppeln so weit das Auge reicht. Ja auch hier wurde der Regenwald wohl schon vor Jahren abgeholzt und die Natur hat sich die Landschaft zurückerobert. Nur wenig Ackerbau, dabei braucht man keinen besonders grünen Daumen für eine reiche Ernte. Bananen Ananas Papaya Mangos, alles wächst wild.

Aber die fehlende Infrastruktur macht es unmöglich Waren an die Märkte zu bringen. So wurschtelt jeder vor sich hin und baut nur für den Eigenbedarf an. Ja auf der Straße wird nur das nötigste hin und her transportiert. Außer den riesigen Trucks mit den Tropenhölzern. Hierfür lohnt sich der beschwerliche lange weg.

Dolisie die einzige große Stadt zwischen dem Hafen Point Noire und der Landeshaupt Brazzaville. Der Umschlagort für Waren und riesigen Holzlagerstätten.

Es ist der 24. Dezember aber von Weihnachtsstimmung wie wir sie kennen keine Spur. Ja, da wo die Menschen kein Geld für Geschenke haben gibt es auch keine Schauläden die bunt geschmückt sind. Ganze zwei Plastik Weihnachtsbäume die mir hier über den Weg laufen und das war’s. Biki bekommt ein drittes Mal neue Pedale und ich gönne mir ein Packung Doppelkekse, die ich mit den Kindern vor dem Laden teile.

Dolisie, hier stoße ich endlich wieder auf die Landeshauptstraße, die von Port Noir, der Küste, nach Brazzaville führt. Ich hoffe das der Track hier etwas besser wird, ja die Hoffnung stirbt zuletzt.

Ein Dschungeltrack nicht viel größer als die Piste der letzten Tage, dafür stoßweise viel Verkehr. Dadurch ist die Piste noch ausgefahrener und in einem noch schlechterem Zustand als der Urwaldtrack die Tage zuvor.

Chinesen, die parallel dazu eine sehr viel größere Straße bauen. Immer wieder kreuzen sich diese alte Landstraße und die neue Chinapiste. Oft die bessere Alternative, noch für den öffentlichen Verkehr gesperrt, aber ein leichtes für mich und Biki über die Erdhügel zu klettern oder durch Absperrungen zu schlüpfen. An den Stellen mit Wachpersonal und Schranken werde ich sowieso durch gewunken.

Zweiter Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember

Die Straße im Kongo – anstrengend. Ich bin geschafft, schlafe aus, trinke gerade meinen zweiten Kaffee als ich ein Motorrad mit großem Motor höre. Ich schaue hinter meinen Erdhügeln, hinter denen ich mich etwas abseits der Straße, verschanzt habe, raus. Tatsächlich, mein Gehör hat mich nicht getäuscht: Overlander, der erste der an mir vorbeizieht und mein rufen nicht hört. In Unterhose klettere ich halb nackt auf meinen Maulwurfshügel, winke und rufe, auch der zweite zieht vorbei. Ein dritter der mich dann sieht und stehen bleibt. Ein lustiger bunter Haufen Biker. He, wie Lustig und das am Weihnachtsvormittag. Das der erste mich nicht hörte ist verzeihlich, er ist Taubstumm.

Einer von den dreien wäre einst auch am liebsten mit dem MTB nach Süd Afrika aber als sie hören das ich inzwischen fast eineinhalb Jahre unterwegs bin, Kopfschütteln. Ihr Abenteuer wird „gerade mal“ drei bis vier Monate dauern.

Hut ab vor dem Kerlchen das gehörlos ist, ein netter Teddybär, der von seiner Kraft wohl Sylvester Stallone und Schwarzenegger in den Sack Stecke würde.

Wir verabreden uns für Brazzaville oder Kinshasa, mal schauen ob es klappt.

Ja, was für die drei ein lockerer Tagestrip ist wird für mich noch drei Tage Herausforderung.

Schon am Abend hatte ich die Straße verlassen weil ich in der Dämmerung nicht weiter kam. Diesen Morgen hat es etwas geregnet. Der Lehm, eine schlammige, schmierige Angelegenheit. Parallel Drifting. Ja schon eine technische Herausforderung mit den inzwischen Glatzköpfigen Reifen auf dem Untergrund. Oft bricht mir das Vorderrad aus. Wie Glatteis, auf einer hellbraunen wie Durchfall schimmernden Straße. Kilometerlang gleite ich auf dieser Hellbraunen Pfütze, versuche nicht wegzurutschen.

Ja nur die ersten zehn Kilometer hinter Dolisie waren ein Traum. Nagelneu perfekt Asphaltiert, noch nicht einmal freigegeben für den Verkehr. Oft die Wahl zwischen der alten oder der neuen unfertigen Straße.

Meist, insofern zugänglich, die deutlich bessere Alternative. Öfters nutze ich die „Chinaroad“, höre nebenan, auf der alten Nationalstraße, wie sich die LKWs langquälen. Eine brutalst ausgefahrene Lehm/Sandpiste. Ein Wellblech ist angenehm dagegen. Alleine wenn ich an diese Straße denke bekomme ich Rückenschmerzen. Nicht viel schneller als ich mit gerade mal zwanzig Kilometern im Schnitt transportieren große Laster die Güter von Brazzaville runter nach Pointe Noire.

Es ist nicht mein Tag ich fühle mich etwas geschwächt. Es kommt auch kein größerer Ort zur Rast.

Mit aller Kraft versuche ich Minduli zu erreichen, der einzige Ort der auf meinem Navi erscheint.

So genau die meisten Orte eingetragen waren stimmen die Daten dieses Mal nicht.

Es ist schon kurz nach Sechs, und ja, am Äquator wird’s kurz nach sechs, dunkel.

Am Horizont Lichter, das wir der Ort sein, aber selbst zehn Kilometer Luftlinie können fast im Doppelten an Piste enden.

In der Dunkelheit begehe ich meinen zweiten fehlgriff an dem Tag. Ich wähle die verkehrlosere, noch nicht ganz fertig gestellte Strecke, die „Chinaroad“.

Was meist die bessere Wahl war, außer an zwei Stellen, an denen ich wieder für einige Meter umkehren musste, weil Brücken doch noch nicht ganz fertig gestellt waren.

Nach „Aussagen“ zweier die die Durchfahrt „bewachen“ ist es gut möglich hier auf der Strecke nach Minduli zu gelangen. Ja möglich war es.

Eine ewig breite Straße im Rohzustand, so geht es in die Dunkelheit. Geschafft aber guter Dinge rolle ich darauf los. Ich sehe nicht allzu viel, merke aber wie der Schlamm deutlich zunimmt. Der gute Schotter hört auf und tiefe Spurrillen.

Immer schlammigere und lehmigere Passagen. Bis nichts mehr geht. Irgendwo im nirgendwo stecke ich im Schlamm fest. Klebrig und matschig sind meine Schutzbleche zugeschlammt. Mitten in der Dunkelheit heißt es Schutzbleche abbauen. Passend das die Batterien meiner Stirnlampe genau jetzt den Geist aufgeben. Ja so spaßig der Dschungelcamp bisher war: Das hier sind die Phasen wo man etwas härte spielen muss. Aber he es könnte noch viel schlimmer kommen, wie ein Monsunregen, Moskitoschwärme, Nilpferd-Attacken.

Werkzeuge raus gekramt und mitten im Lehm mit klebrigen Händen Schutzbleche abgeschraubt, Batterien gewechselt. Es geht weiter, alle paar Meter mit den Händen den Lehm von den Reifen und Rahmen abziehen, dass ich überhaupt weiterschieben kann. Nein, Fahrbar sind die Spurrillen nicht mehr.

Dankbar erreiche ich wieder einen der Punkte wo diese Piste die alte Nationalstraße kreuzt.

Wieder auf der Wellblechpiste rolle ich durch die Nacht Minduli entgegen. In dem Ort gönne ich mir ein Motel, und ein großes Omelett zum Abend.

Tags drauf komme ich erst mittags weiter. Stunden die ich brauche um Biki von dem Lehm zu befreien. Tief in die Lagerschalen ist diese Klebemasse eingedrungen.

Afrika, hier in dem Motel kaum Wasser, dabei gibt es viele Flussläufe. Mit einem Viertel Eimer Wasser putze ich Biki. Für mich gab es immerhin einen ganzen Eimer am Abend zum duschen.

Aus der schlammigen klebrigen Piste Tags zuvor, wird heute eine staubtrockene Schotterpiste. Jedes Fahrzeug das mich überholt hüllt mich in eine rote Staubwolke ein. Es geht seit drei Tagen wieder in eine bergige Landschaft, wellenartig geht’s auf fünfhundert Meter hoch. Ja, das Terrain kostet einiges an Körnern, die Sonne, die von oben knallt, der Staub und die steilen Anstiege.

Bergauf, die Trucks kaum schneller als ich, und bergab hole ich sie allemal wieder ein. Das Grauen hat einen Namen: Kongo. Ja, die Straße in einem unglaublich schlechtem Zustand. Alle Naselang ein umgekippter LKW, nicht weil er zu schnell unterwegs war, nein einfach wie die Piste zuuuu schlecht ist. Metertiefe Spurrillen in der Mitte zwingen die Fahrzeuge an den Straßenrand, und hier bricht der Untergrund einfach ab. Plumps, so liegt manch ein LKW im Seitengraben.

Landschaftlich spannend, es sieht etwas aus wie die abgeholzten Hügel Schottlands, eben nur viel, viel größer. Für mich und Biki eine Herausforderung. Nicht gerade material- und körperschonend. Mit einem vollgefedertem MTB sicher ein Spaß durch die ganzen Pumptracks und Downhills. So sehr ich steile Abfahrten liebe, habe ich leichte bedenken ums Material, und vor allem die Satteltaschen. Biki und ich lasse es nur kontrolliert laufen. Oft würde ich gerne den Schwung nutzen um in den nächsten Anstieg zu fahren. Zu „löchrig“ die Strecke.

Kongo, ein fröhliches Volk, die Kids die laut schreiend hinter mir her rennend. Ja sogar Erwachsene die vom Straßenrand, oder oben von den LKWs „Tourist“, „Chef“ und „Blanc“ zurufen.

Kleine Kids die noch nie einen Weisen gesehen haben rennen schreiend weg und werden erst ruhiger wenn sie bei Mamma oder Papa sind. So wie an der gesamten Westküste. Nur durch den Gabun und Kamerun war es ruhiger. Desto mehr fallen einem nach zwei Monaten „Ruhe“ diese vielen zurufe wieder auf. Betrunkenen die etwas anstrengend sind, und von denen gibt es leider einige. Aber es gibt ja auch nicht allzu viel zu tun. Die Chinesen die viele Afrikaner eingestellt haben für dieses Großprojekt. Eine Straße von der Küste nach Brazzaville zu bauen. Ja viele chinesische Arbeiter in den Trucks und Baufahrzeuge, Chinesen die als eine Art Aufpasser vor Ort an den Baustellen sind. Afrikaner die in aller Seelenruhe dieses Riesenprojekt mit Handarbeit vollenden.

Es ist auch mehr der Tropfen auf den heißen Stein, es gibt dann eine Straße vom Atlantik in die Landeshauptstadt. So viele Straßen die Afrika für eine gute Infrastruktur nötig hätte.

Alleine wir in Deutschland besitzen mindesten ein hundertmal so groß geteertes Straßennetz wie komplett Afrika.

Der Einfluss der Chinesen ist hier im Westen Afrikas enorm, unscheinbar, verhalten sie sich, wie fleißige Ameisen bauen sie Straßen Eisenbahnlinien und Minen.

Oft rufen mir die Jungs und Mädels ein nettes Nihau zu weil sie mich für einen Chinesen halten. Den einzigen „Weisen“ den sie kennen ist der Chinese.

Ja, in Afrika hat man Zeit. Die LKWs die keine zwanzig Kilometer in der Stunde weit kommen, Afrikaner die ganz gemütlich ihren Job tun. Jeder europäische Chef würde im Karree Hüpfen bei diesem Arbeitseifer. Ob dieses Straßenprojekt nun in zwei, drei oder vier Jahren fertig gestellt wird, spielt hier auch keine so große Rolle.

Auch die einspurige Eisenbahn rollt ganz langsam von Ort zu Ort. An den Bahnübergängen kommt es auch mal vor das ein Waggon aus den Schienen hüpft, weil Steine oder Lehm die Schienen verstopfen.

Dann steht alles, auch der Verkehr, weil die Straße von Waggons versperrt wird. Kein Problem, in dreißig, vierzig Minuten ist so ein Anhänger wieder in den Gleisen. Sollte die Lok aber entgleisen, kann es schon mal fünf oder sechs Stunden dauern, bis sie wieder in sie Schienen gehievt wurde. Hier wird Zentimeter für Zentimeter gearbeitet um die Tonnen wieder zurückzuhebeln.

Ich komme an einen größeren Ort, eine längere LKW Schlange die darauf wartet auf die andere Schienenseite zu kommen. Einer dieser entgleisten Züge. Eigentlich ein Güterzug, auf dem ganz gemütlich Afrikaner sitzen und mitreisen. Es sieht fast so aus als würden sie auf der offenen Ladefläche ein Picknick abhalten. Die wohl billigste, und sicherste Art der Reise, aber auch sehr langwierig. Schnell und oft fahren die Züge nicht, dafür kommt man heil an.

Abends, bin ich glücklich wie lange nicht mehr, als ich achtzig Kilometer vor Brazzaville wieder eine asphaltierte Straße erreiche. Ein rotbraunton überzieht mich und Biki.

Gleich zum zweiten Mal hintereinander gönne ich mir in diesem Campingurlaub eine Unterkunft. Kinkala, ab hier scheint die Straße nach Brazzaville geteert zu sein.

Ja, das war wohl die große Ausnahme eine gute Asphaltstraße vom „Norden“ Kameruns bis in den Süden Gabuns zu haben. Die letzten zehn Tage waren dann wieder sehr afrikanisch, ich würde fast sagen streckenweise das miserabelste was ich in Afrika kennengelernt habe.

Dafür sind die Menschen drum herum umso freundlicher, manchmal etwas aufdringlich.

Bis Brazzaville endlich wieder guter Asphalt. 75 Kilometer Richtung Kongo Tal dem Fluss Kongo, dahinter die Demokratische Republik Kongo, dem DRC. Eine letzte Bergkette über die ich klettere, ehe ich die Kongoebene erreiche. Wie ein Kaugummi ziehen sich die letzten Kilometer. In knallender Tropenhitze noch einmal über 1200 Höhenmeter auf und ab, über abgeholzte Bergrücken. Nein, vom Dschungel ist hier weit und breit nichts zu sehen, karge Hügellandschaft über die diese kleine Straße Führt. Kein Schatten, nur alle paar Kilometer ein Ort, viel Senken in die es runter geht und aus denen ich wieder hoch muss

Endlich liegt er vor mir: der Kongo Afrikas zweit größter Strohm. Der Größte Strohm Weltweit was die Wassermassen angeht. Geschafft aber gut gelaunt radele ich runter Richtung Kongo, Brazzaville. Auf die anderen Uferseite die „Skyline“ Kinshasas.

Ich ziehe durch die Stadt auf der Suche nach einer billigen Bleibe. Im vierten Hotel in dem ich anfrage wird mir geholfen. Die Jungs und Mädels an der Rezeption telefonieren kurz rum und organisieren mir ein Zimmer um die Ecke. Ein Stundenhotel mit Bar. Eher ein Rattenloch, dafür zahle ich gerade mal ein Viertel von dem günstigsten Zimmer eines Hotels. Ja, Hotels mit völlig überzogenen Preisen. Die Reichen die viel zu viel Geld haben, eben nicht auf eine null mehr oder weniger achten. Nicht so sehr Schwarz und Weiß, viel mehr Reich und Arm ist heute die Trennung der Menschen in Afrika.

Mitten im Blechhüttenviertel. Es müffelt etwas, man sollte schon etwas härter gesotten sein. Aufs Klo zu gehen kostet sogar mich leichte Überwindung. Kids die vorne auf der verschlammten Gasse spielen. Typisch Afrika, nur die größten Straßen durch Brazzaville sind geteert. Der Rest steht im Sand und Matsch. Transportiert wird das Wasser auf großen Karren von Hand. So wie viele Güter per Handkarren durch die Lehmgassen geschoben werden. Im gesamten Viertel kein Wasseranschluss. Immerhin eine Große offene Kanalisation führt in den Kongo, aber die kleinen Kanäle dorthin meist verstopft. Überall wird gebaut und repariert weil die Hütten nicht halten oder undicht sind. Unglaublich wie gut sich das Immunsystem der Kids hier entwickelt haben muss. Ich bekomme seit langem gleich mal wieder einen Durchfall. Normal bei diesem Hygienezustand. Zudem bin ich doch leicht Platt.

Die letzten drei Tage des Jahres: Überall in den Gassen wird getanzt und getrunken. Man hört sofort wenn der Strom wieder angeht. Dann donnert Musik aus großen zusammengezimmerten Boxen. Bis in die Morgenstunden, solange Strom da ist. Wenn er verschwindet wird’s schnell ruhig. Ein paar Kerzen werden angemacht, Batterien für Taschenlampen sind meist zu teuer.

He wiederaufladbare Akkus fast so nützlich wie fließendes Wasser. Es gäbe so viele einfache Lösungen in dem Land, die den Lebensstandard verbessern, vereinfachen würde.

An ein paar wenigen Orten die einen Generator haben wird weiter gefeiert. Aber auch Generatoren kosten Geld und vor allem Benzin.

Die letzten drei Wochen bin ich komplett durchgeradelt. Knapp zweitausend Kilometer Dschungel und ehemaliger Urwald, plus zwanzigtausend Höhenmeter. Eine kleine Pause ist angesagt. Es Könnte auch eine größere Pause werden, ja nachdem wie lange ich brauche mein DRC Visa zu bekommen.

Mal wieder sieht es sehr schwierig aus das Visa zu bekommen. Auf der Botschaft bin ich abgewiesen worden. Ich müsse eine längere Aufenthaltserlaubnis im Kongo haben oder ich hätte das Visa in Deutschland beantragen müssen. Auch auf der Einwanderungsbehörde werde ich verjagt, es könnte ja jeder kommen.

Aber immer wieder nette Afrikaner die mir sofort zur Seite stehen und beim Übersetzen helfen.

Trotzdem, Frust kommt auf, zwei Tage durch die Stadt gejagt um nicht allzu viel erreicht.

Jetzt habe ich es so weit mit Biki geschafft und am Ende scheitert es an einem Visa Problem, mit dem ich nicht gerechnet habe. An Informationen ranzukommen, verdammt schwierig, selbst im Internetcafé braucht man Zeit und Engelsgeduld. Unglaublich wie verwöhnt wir sind oder wie weit man hier in der Steinzeit lebt. Wer vor zehn Jahren die Revolution vom Modem auf DSL erlebt hat, möchte nicht wieder zurückschalten. Hier wäre ich glücklich eine Modemgeschwindigkeit zu erreichen. Tröpfchenweise fließen die Daten. Fünf bis zu Zehn Minuten pro Webseite. Dafür zahlt man dann immer noch einen Euro pro Stunde. Sich Aufregen hat da keinen Zweck, trotzdem eine gewisse Unruhe, die ich in mir spüre.

Mein Mobiltelefon mit dem ich etwas schneller und sicherer surfen konnte, ist in der Hitze förmlich verglüht. Auch meine Isomatte wurde es zu heiß die Klebeverbindungen in der Mitte lösen sich so dass sie aussieht wie ein aufgelassener Ballon. Aber he das sind eher meine kleineren Problemchen.

Ich stecke etwas fest. Ich habe keine Ahnung wie ich an das Visa für die DRC kommen kann.

Wenigstens habe ich inzwischen eine Visaverlängerung für den Kongo hier bekommen. 50 Euro für einen Stempel plus 30 Euro Schmiergeld – „Motivation“ gezahlt das ich wenigsten meinen Pass dieses Jahr wieder bekomme, aber das war es mir wert.

Nein so richtig gute Laune kommt da nicht auf. Ja, ich spiele inzwischen mit der Option über die DRC nach Kenia zu fliegen. Was aber für mich „gemogelt“, eben nicht via Landweg durch Afrika wär.

Aber wie sagte Nelson Mandela: Es scheint unmöglich, bis es geschafft ist.

Gespannt was das Jahr 2014 bringt.

 

 

 

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