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Blog 9 die Saharah
ab Gulmin der Westsaharah, Marokkos Süden, auf die Peninsular von Daklar, durch Mauretanien in den Senegal bis nach Dakar

Gießen Dakar

Die Sahara

 

So, ich bin inzwischen im neunten Monat mit Biki, mal schauen wie viel Radkinder das gibt.

Das Höhentraining über die Alpen, Pyrenäen und Nord Marokko durch den Atlas ist abgeschlossen...

…und jetzt kommt das lockere ausrollen vom Rückenwind unterstützt durch die Sahara.

Gut fünfzehnhundert Kilometer an die Grenze nach Mauretanien mit einem kleinen Umweg, die Halbinsel von Daklha runter und noch einmal sechs hundert Kilometer durch Mauretanien.
Dazwischen ein paar Kilometer Niemandsland, Ground Zero. Ja, so kann man schnell ein gutes Stück auf der Weltkarte zurücklegen. Spätestens ab dem Senegal hört das voranpreschen auch wieder auf. Lauter kleine Ländereien entlang der Elfenbeinküste, mit tausend Mal mehr Straßen als die eine Küstenstraße am Rande der Sahara in Richtung Süden folgend. Ja da wird noch einiges auf mich zukommen. Vor allem der organisatorische Teil mit den ganzen Visa wird mich wohl bald aufhalten und wieder langsamer werden lassen.

Das Leben ist sicher nicht das leichteste, aber ein Spannendes, und wenn jemand denkt das ist Urlaub kann er mich gerne für ein, zwei Wochen mit Biki begleiten.

Jeden Tag neue kleine und große Abenteuer, unvergessene Geschehnisse und neue Freunde.

Sicher auch einige weniger tolle Begegnungen auf die ich gerne verzichte.

 

Meist sind es Menschen die eine Situation eskalieren lassen oder sogar mit Absicht provozieren. Aber auf einen Idioten kommen zwei duzend nette und zuvorkommende Menschen. Auch wenn es in Afrika wohl ratsam ist nicht gleich jede Einladung anzunehmen und Biki samt Gepäck einfach draußen stehen zu lassen. Aber bis jetzt habe ich noch jede Situation gemeistert. Oft hilft ein aufgesetztes Lächeln auch wenn ich oft total fertig bin. Einfach nett Lächeln und Winken.

 

Der Süden Marokkos

Willkommen Westsahara, ich werde täglich zwei, drei, vier Mal angehalten und meine Personalien aufgenommen. Das nervt, aber die Jungs machen auch nur ihren Job. Seit den Ausschreitungen in Mali ist die Situation etwas angespannt. Obwohl die Grenze zig hundert Kilometer in Richtung Osten in der Sahara liegt. Die ersten Tage sind noch ein paar wenige Ziegen und Hirten neben der Straße zu sehen, werden aber schnell durch Nomaden mit ihren Kamelen ausgetauscht. Ja, die Ziegen und Schafhirten haben noch Lehmhütten und Häuser gebaut, in verfallenen oder unbewohnten Lehmgemäuern finde ich in den ersten zwei Tagen noch Schutz vor dem Wind, der zunehmend stärker wird.

Gleich am zweiten Tag eine Einladung von einem eher wortkargem Marokkaner. ich sitze alleine vor einer Kanne bitterem Pfefferminztee. An einem Truckstop mitten zwischen zwei größeren Orten, Gulmin und Tan-Tan, ich suche Schutz vor der Sonne, kommt er, Sahara auf mich zu.

Ja lustiger Name genau wie die Wüste hier, so heißt er passenderweise auch noch, spricht ordentlich deutsch, lädt mich zum Tagjim ein. Sein Örtchen, gut 200 Kilometer südlich, liegt direkt auf meiner Route.

In seinem Dorf angekommen frage ich nach ihm. Er sitzt zufällig im Café nebenan, aber bis die mich dahin schicken wurde fünf Mal versucht ihn anzurufen. Und zwei runden Tee ausgeschenkt.

Sahara wohnt in einem der typischen Flachdach Häuser, nicht mehr aus Lehm sondern im Zementbaustil. Unten haust er im Chaos mit seinem Bruder, während die Frauen mit Kindern oben auf dem Dach deutlich schöner und aufgeräumter leben. Später Nachmittag, man trifft sich mit den anderen zu Tee und Kaffee und schaut in die Glotze. Ja, selbst wen sie fast nichts haben, eine Flimmerkiste findet man immer. Passend dazu auch überall alte und neue Sattelitenschüsseln, auf an und neben den Häusern. Am Abend, wir essen Fisch im Restaurant seiner Frau! Für 120 Dinah, was zwölf Euro entspricht. Ich soll zahlen, was ist das für eine Einladung, komme mir leicht über den Tisch gezogen vor.

Nachts kehren wir ins Haus zurück. Hier wird weiter bis spät TV geklotzt und Tee getrunken. Irgendwie eine Strange Situation, so richtig warm werde ich mit ihm nicht, aber die Frau die den Tee auf offenem Feuer im Wohnzimmer zubereitet, und der Junior der sich neben mich gesellt sind nett, und lockern das ganze etwas auf. Er ist immer noch so wortkarg wie ich ihn vor drei Tagen getroffen hatte. So sitzen wir hinterm TV und schauen irgendwelche BBC und Geo Sendungen an.

Trotz seiner langen Studienzeit auf den Kanaren sitzt er hier rum und hat nicht allzu viel zu tun. Ja, eher ein trauriges Bild, aber es gehört nicht nur Bildung sondern auch Eigeninitiative dazu um etwas im Leben anzustellen.

So radle ich am nächsten Morgen nach dem Frühstück am Rande der Sahara weiter Richtung Süden.

Rechts von mir der Atlantik und links die Sahara. Anfangs noch ein paar weniger werdende Campervans mit Anhängern für ihre Strandbuggys. Meist Franzosen, aber seid einiger Zeit schon keinen mehr getroffen. Alles zwei, drei Hundert Kilometer am Rande der Wüste in Küstennähe größerer Städte wie TATA und Laâyoune.

Unwirklich wirkende Plätze, mitten im Nichts vollste Zivilisation. Konsum, Bars, Cafés, wie in jeder Stadt eben auch

Keine fünf Kilometer dahinter wieder der feine Sand der Sahara, der im Getriebe meiner Kette knarzt und so fein ist das er auch in meine Wasserdichten Satteltaschen kriecht

Zum Glück herrscht noch eine abkühlende Westwind Brise. So ist es nicht zu heiß, allerdings wäre mir echter Rückenwind lieber als dieser Seitenwind – aber immer noch angenehmer als Gegenwind.

Nur ab und zu wenn die Straße Richtung Osten führt stehe ich in den Pedalen und kämpfe.

Nicht nur der Wind sondern auch der feine Sand der ins Gesicht bläst ist unangenehm.

Trotzdem, im Vergleich zu dem was ich vorher geschafft habe erscheinen die Distanzen jetzt viel größer, weil die Straße fast keine Windungen mehr Macht, keine Pässe irgendwo in Serpentinen hoch, tausende von Nebenstraßen die schöner oder Verkehr freier sind. Höchstens mal um einen größeren, riesigen Sandhaufen.

Ja der Sand in der Sahara so nötig wie der Schnee in den Alpen. Es geht nicht mit und nicht ohne ihn.

Immer mal ein paar Kamele uns Nomaden am Straßenrand, die einem für ein paar Cent eine Kamel- oder Ziegenmilch anbieten.

Spät nachmittags in einem kleinem Ort; ich stehe vor dem Kaufladen und decke mich mit jeder Menge Essen ein, über 100 Kilometer nach Laâyoune. Mit Rückenwind schaffe ich das spielend in einem Tag, aber darauf kann man sich nicht verlassen.

Süß ist ein kleines Mädchen, während ich die vielen Sachen auf Biki verstaue, sehe ich zu wie sie versucht für 2 Dinar möglichst viele Bonbons zu bekommen. Sie hat gemerkt dass ich sie beobachte und schenkt mir schüchtern eins ihrer Karamellbonbons.

Sonst schreien mir die Kids immer hinterher das sie ein Bonbon wollen, hier kriege ich mal eins geschenkt. Blitzschnell krame ich einen Keksriegel raus und schenke ihn ihr.

Verlegen verzieht sie sich. Jetzt kommen die Nerve Kinder, die frech an einem ziehen und auch was haben wollen. Für fünf Dinah bekomme ich zwei Hände voll und verteile die Guzel.

Schon vor ein paar Tagen hatte ich einen kleinen eingeschüchterten Jungen der in Mülltonnen kramte und ganz zaghaft nach einem Dinah fragte. Solchen fast engelhaften Erscheinungen gebe ich gerne was, aber leider rennen die Jungs oft frech hinterher und verlangen Süßigkeiten oder Geld. Das ist dann immer nicht so ganz angenehm.

Das Essen in den Taschen verstaut wie ein Dromedar mit sieben Litern Wasservorrat beladen, geht es raus wieder in die Wüste.

Ein Polizist der mir den Weg raus zeigt, weil er meint ich finde den Weg sonst nicht. Langsam fährt er voraus, gibt dann aber irgendwann Gas. nach einer halben Stunde kommt er mir wieder entgegen. Es dämmert und ich biege von der Straße ab. Ich habe geahnt, mein süßer Polizist hatte mich beobachtet. Er ist der Meinung ich könne nicht draußen schlafen es sei zu gefährlich und fordert mich auf ihm wieder zu folgen. Ich erkläre ihm dass ich kein Geld für ein Hotel hätte und deshalb aus dem letzten Ort raus bin.

So trete ich bei Dämmerlicht noch einmal voll in die Pedale. Mit Warnblinkanlage aber ohne Licht rollt er vor mir her und hält alle paar Kilometer. An einem der Nomadenzelte am Straßenrand gibt er mir sogar eine Ziegenmilch aus.

Er meint es ja nur nett, aber ich bin hundemüde, geschafft von der Hitze. Es hilft nichts, weiter dem Kerlchen im Polizeiauto gefolgt, eine gute Stunde Später ein kleiner Ort mit Räumen für LKW Fahrer. Er sorgt dafür dass ich umsonst ein Zimmer bekomme.

Erst nimmt er kein Geld an, verbringt dann aber doch über eine Stunde mit den Jungs unten an der Rezeption und verhandelt mit denen. Ich bin völlig platt und liege auf einer Matratze am Boden.

Es ist inzwischen Zehn als er erneut hochkommt und sich ein drittes Mal verabschiedet. Dieses Mal nimmt er sogar die ganze Schachtel Marlboro als Belohnung an.

Ja, an meinem Zigaretten Konsum könnte man meinen ich werde zum Raucher, ist aber mehr oder weniger die kleinste Art des Danks. Oder einfach nur des Hallos bei den Polizeikontrollen. ich habe zwei drei Tage gebraucht um zu kapieren das ich sehr viel zügiger mit einer oder zwei Kippen unter dem Reisepass vorankomme. Ich sehe das Ganze als ein lustiges Spielchen an.

Zudem sind die Checkpoints immerhin etwas Abwechslung.

Tags darauf erreiche ich Laâyoune, eine Stadt mitten im nichts. Außen herum sieht die Sahara sogar mal ein kleine Stückchen so aus wie man sie sich vorstellt, mit sichelförmigen Sanddünen und viel, viel Sand.

Ein Hotel für 5 Euro die Nacht wird für drei Tage meine Bleibe. Die Überanstrengung am Vorabend, dem Polizeiauto hinterher zu strampeln und die Hitze haben mich leicht geschafft. Zudem wieder irgendetwas eingefangen, ein zweites Mal, dass ich die Scheisserittis habe. Aber das Kerlchen im Hotel ist einfach nur süß, im gleichen Jahr geboren und heißt auch noch Johannes, jedes Mal wenn er gerufen wird denke ich die meinen mich. Johannes ist Mädchen einfach für alles, und jeder der nach ihm schreit. Ein lockerer, witziger Umgang mit den Mädels, allerdings schwätzen die mir fast zu viel, ich bin doch etwas angeschlagen, und die machen jeden Abend Schnatter Runden bis spät in die Nacht. Ja, aber das ist Marokko, das Leben beginnt erst ab sechs wenn die Sonne nicht mehr so knallt. Und bei Dunkelheit das bunte Leben in den Gassen und Häusern ums Hotel.

Immerhin in einem Zeltladen für Nomaden bastele ich mir einen tollen Unterboden fürs Zelt.

Nach drei Tagen fällt mir hier aber die Decke auf den Kopf, ich bin zu sehr mit biken vertraut, habe sogar das Gefühl wenn ich mich nicht überanstrenge erhole ich mich besser beim Radfahren als in so einem kleinem Hotelzimmer.

Raus vor die City. Hatte ganz vergessen was da für ein Wind bläst. Das erste Stück gut zehn Kilometer Gegenwind ehe vor der Küste die Straße wieder nach Süden einschlägt. Wie tausende von Nadeln die ins Gesicht und die Beine piksen. Über der Straße weht der Gelbe Sand. Ich radele mit abgedrehtem Kopf und blinzele nur ab und zu nach Vorne. Der Feine Sand brennt in den Augen.

Ja vor Monaten war es der Regen der mich auskühlte, selbst im Norden Marokkos noch ein paar Tage nasskalte Tage erwischt. Geschafft. Jetzt werde ich begleitet vom Wind der Stundenweise mit vierzig bis fünfzig Sachen bläst. Ja, was das betriff bin ich den Naturgewalten völlig ausgeliefert.

 

Die Straße dreht in Richtung Süd und jetzt werde ich vom Wind und Sand vorangetrieben.

So komme ich deutlich schneller voran, werde förmlich vorwärtsgeblasen, beschleunigt auf Tempo 30 mit meinem Wüstenschiff durch die Sahara.

Alle zig Kilometer ein Straßenkontrolle, und die wollen immer noch wissen wie weit ich noch radel und wo ich schlafe, das ich bei dem Wetter da draußen wie ein Nomade mein Zelt auf stelle und im Wind sogar noch koche können die sich nicht vorstellen, immer schlagen sie mir irgendwelche Hotels vor.
Fisch, Fisch immer wollen sie einen Fisch, und inzwischen weiß ich was es damit auf sich hat. Sie meinen eine Photokopie meines Passes, damit die nicht dauernd meine Daten abschreiben müssen.

Ja, Zelt Auf- und Abbau wird wirklich zur Herausforderung, soo bläst der Wind. Nichts das man einfach so auf den Boden legen kann ohne das es weggeblasen wird. Zudem wird’s im Wind abends ohne Sonne schnell sehr kalt. So turne ich so lange um mein Zelt Isomatten und Gepäck, bis alles verschnürt und gesichert ist.

Das gemeinste: gerade um die Abendzeit so um sieben wenn ich von der Straße gehe bläst er am stärksten.

Ja alles dauert so länger. Zelt Auf- und Abbau das Kochen, und alles hat einen leicht sandigen Beigeschmack.

Sogar durchs Mückennetz meines Zelts bläst der Wind den feinen Sandstaub und selbst in meinen Wasserdichten Ortlieb Taschen Sandspuren. Poritze, Nase, Ohren, Augen. Dazu schweißgepaart Sonnencreme auf den Armen und Beinen ergeben eine tolle klebrige Peelingkur. Wen juckt´s?
Mich etwa? Jaaaa!!!

Ich bin ja sonst nicht der überreinliche aber nach so ein paar Tagen wünscht man sich schon eine Dusche.

Sand reinigt ja bekanntlich, aber ich weiß nicht wie Sahara Sand erprobt meine Elektronik ist. Kamera und Computer machen mir schon leicht Sorgen, oder es ist einfach ein weiterer Techniktest. Wenn’s heute nicht der Saharasand schafft, vielleicht in ein paar Wochen der Monsunregen. Mal gespannt was als erstes Schaden erleidet, Biki, die Elektronik, die Kamera oder mein Compi, der ja sogar schon schwimmen lernte. Unglaublich, aber bis jetzt hält meine komplette Technik stand außer ein paar Sandspuren, kleinen Kratzern; nichts. Ja Biki und ich werden den Tag über da draußen Sand und sonnen gestrahlt. Aber weder Biki noch ich werde schnell rostig oder braun. Selbst eine Woche Wüste und ich nehme nur einen leichten gestreiften Krebsroten zustand an.

Die Piste ein Traum, Verkehr hält sich in Grenzen und zu neunzig Prozent Rückenwind. Nein, dieser Wind als Gegenwind das wäre eine Tortur. Von Rabat bis Marrakesch hatte ich genug Gegenwinde. Alleine Seitenwind gepaart mit feinem Sand ist höllisch. Mir reichen die paar wenigen Kilometer an denen die Straße einen Schlenker um große Hügel macht und ich für einige Kilometer gegen diesen Wind kämpfe.

Jetzt auf eine Ebene ohne großartig Sand, nur kleinste Büsche die zwischen Steinen wachsen. Alles Flach bis an den Horizont. Ab und zu einige Hübel oder Gräben. Meist verläuft die Straße einige Kilometer weiter im Inland, und vom Atlantik sehe ich nicht viel. Dann wieder für Kilometer entlang der rauschenden Atlantikküste. Manchmal sogar mit traumhaften langen Stränden. Meist aber als Steilküste 100 Meter senkrecht runter und die Straße nur wenige Meter von den Klippen weg.

Der Wind bläst so sehr das mich Plastikflaschen und Tüten oder Metallgegenstände des Öfteren neben mir her klappern die vom Wind neben mir her geblasen werden. Ja fernab jeder Zivilisation noch so einiger Müll.

Erst Wenn ich stoppe merke ich erst wie sehr es bläst, so gleite ich mit Afrikanischen Beats in den Ohren durch die Sahara. Biki und ich haben unseren Spaß hier draußen, fast jeder LKW hupt, winkt und zeigt den Daumen hoch. Nur die wenigsten die mich knapp überholen. Es sind sogar öfter Autofahrer die mich gefährlicher überholen als die Trucks, und dann die vielen alten Landrover die mit Kamel an Board – voll beladen eh nicht viel schneller sind, als ich vom Winde vorangeblasen werde.

Es wird dunkel, eigentlich habe ich genug Wasser dabei, eine meiner zweite Flaschen löst sich, rutscht zwischen Rahmen und Reifen und Platzt.

Scheiße, genau jetzt wo es Nacht wird, ich sollte von der Straße. Die zwei Autos die noch vorbeikommen haben fast kein Wasser dabei, ich radle ein ganzes Stück durch die Dämmerung, und weil als nichts kommt schlage ich mein Lager gut 100 Meter neben der Straße, von Sandhügeln geschützt, auf.

Tja, da müssen mir der Liter Wasser und das was noch in meiner Trinkflasche habe heue Abend und Morgen noch so lange reichen bis ich wieder was finde. Glücklicherweise taucht am Vormittag gerade mal zwanzig Kilometer weiter eins dieser Zwischenstopp-Cafés auf. Der einzig auf der Karte eingezeichnet Ort vor Daklha ist nur eine große Tankstelle mit Restaurant.

Die letzten 700 Kilometer sind super gelaufen mit dem kleinem Zwischenstopp in Laâyoune.

Um Daklha zu erreichen lege ich einen kleinen Umweg ein. Daklha, eine Halbinsel, nichts weiter als eine großer Sandhügel der fünfzig Kilometer parallel zur Küste verläuft.

Ja, alleine die Sandebene auf die Peninsula, ein abwechslungsreicher Anblick, Dahinter Flache Lagunen mit zig Kitern, Gleitschirmen auf dem Meer und Windsurfern im Wasser. Auf einmal gut hundert Surfer mitten in der Wüste, daneben schick gestaltete Beachhotels und Bungalows für die Wassersportler. Vor kurzem noch alles Steilküste. Hier ein langer, flacher Sandstrand, dreißig, vierzig Kitern im flachen Wasser. Ja, denen mach der Wind sichtlich Spaß. Mir auch, jetzt werde ich die 30 Kilometer in unter einer Stunde nach Daklha geblasen. Ab Tempo 40 wird die Straße anstrengend ruppelig, trotz Federgabel. Ja, ich hasse mich jetzt schon denn morgen, spätestens übermorgen darf ich die Landzunge wieder gegen den Wind hochradeln. Da werden aus der einen Stunde runter locker drei Stunden hoch.

Daklha Hotel Sahara. Der Name ist Pflicht und funktioniert immer, wie Pizzeria Milano oder Vesuvio.

Für ganze 80 Dh Room No. 9. Die Gemeinschaftstoilette im Flur, das Loch im Boden ist auch gleichzeitig für die Dusche von oben. Immerhin mit super warmem Wasser, was bei den Außentemperaturen auch kein Problem ist. Einfach ein Wassertank aufs Dach und die Sonne macht den Rest.

Duschen tut gut, auf meiner Haut eine Peelingkur von Sonnencreme, Schweiß und Sand. Wer mich kennt weiß das ich auch länger mal ohne Duschen auskomme, aber nach einer Woche in der Sahara juckst’s dann doch schon etwas.

Klasse ist in Afrika das man alles in kleinsten Portionen und Häppchen kaufen kann. Jede Zigarette einzeln, Kekse, Süßkram, sogar Nudeln sind nicht abgepackt, wobei es fast egal ist ob ich nun eine einzelne Zigarette oder eine ganze Schachtel kaufe, der Preis pro Zigarette oder die Nudel, das Ei bleibt gleich, zu mindestens wenn man ihn kennt.

So erstehe ich für 1 Dh, etwa 10 Cent, eine handvoll Waschmittel. Nachdem ich geduscht bin kommen auch meine Klamotten mit Handwäsche dran.

Daklha, hier checke ich noch einmal ob es Neuigkeiten über Mauretanien oder Mali gibt bevor ich die letzten gut dreihundert Kilometer an die mauretanische Grenze fahre. Hier decke ich mich auch gleich mit fünfzig Fischen ein. Nein, nicht die im Wasser schwimmen, ich mache fünfzig Photokopien von meinem Reisepass. Das Kerlchen im Kopierladen ist listigerweise Taubstumm, aber nonverbal kann ich dem vielbesser zeigen was ich will als wenn ich in einem anderem Kopiershop versucht hätte zu erklären, das ich immer vier Ausdrucke von meinem Ausweis auf einer A4 Seite will. Ja mit manchen klappt die Kommunikation auch ohne Sprachkenntnisse bestens. Vor eine Woche mit Johannes ohne die andere Sprache zu beherrschen hatten wir viel Spaß zu zweit, und uns bestens verstanden, einer der gut Deutsch kann ist ein echter Langweiler, und man hat sich nichts zu sagen obwohl man eingeladen ist.

Das hat aber überhaupt nichts mit Afrika zu tun, das ist das was Reisen ausmacht. Man kann die spannendsten Locals treffen und totlangweilige Reisende. Was das betrifft ist dies ein bunter, gemischter Planet.

Ja, ich wusste ich würde mich hassen, Daklha die gut 30 Kilometer der Halbinsel zurück Richtung Norden zu radeln. Volle Kanne Gegenwind. Aber so bekommt man wenigstens für einen halben Tag mal zu spüren wie es wäre um diese Jahreszeit von Daklha nach Marokko zu radeln.

Ein echter Kampf selbst in der Ebene kaum schneller als neun Kilometer unter Volllast getreten. Der Sand bläst ins Gesicht und piekst auf den Beinen wie Brennesseln. Ja, ich weiß das Menschen leicht bescheuert sein können. Früher hat es mir beim Joggen Spaß gemacht, auch mal ein kurzes Stück durch Brenneseln zu rennen. Wenn dieser Schmerz leicht nachlässt, dieses Kribbeln habe ich auf der Haut für drei Stunden. Jeder LKW der vorbeizieht wirbelt den Sand so hoch dass ich für Sekunden die Augen und Mund zu machen muss.

Knapp vier Stunden später bin ich wieder an dem Kreisverkehr an dem ich vor zwei Tagen war. Einer dieser Zig Checkpoints die meine Daten aufnehmen, aber jetzt habe ich jede Menge Photokopien, Fische von meinem Perso. Vor vier Tagen hatte ich ein Portmonee mit allem Drum und Dran gefunden und den Jungs hier in die Hand gedrückt. Man freut sich richtig mich wieder zu sehen, dieses Mal werde ich sogar zum Essen hier eingeladen, und ich werde erst nach dem weiten Teller und mit zwei Flaschen Wasser weiter geschickt.

Ab hier beginnt militärisches Sperrgebiet bis an die mauretanische Grenze über die nächsten dreihundertfünfzig Kilometer keine Orte mehr nur noch drei Tankstellen mit Kiosk und Restaurant, für den Transitverkehr. Aber von Militär kaum was zu sehen, erst kurz vor der Grenze ein kleiner Militärposten.

Die letzten Kilometer geradezu raus geblasen aus Marokko ohne groß zu treten schiebt mich der Wind mit Tempo zwanzig. Manchmal wenn die Straße genau Richtung Süden dreht komme ich kurz auf über vierzig. Was ein Unterschied. Mal mit Tempo Schildkröte und dann schneller als die Wüstenhunde die neben mir her rennen können. Hier wechselt auch das Bild der Sahra, nicht mehr nur die karge steinige Ebene mit den Minibüschen oder wie man sich die Sahara vorstellt; der gelbe Sand und ein paar sichelförmige Sanddünen. Hier ganz im Süden zur Grenze wird’s wellig und felsig, toll anzusehen die ganzen Gesteinsformationen, durchlöchert wie Schweizer Käse, zieht sich die Straße nun wellenartig nicht mehr nur Flach zu Grenze hin.

Der Rückenwind motiviert zu Späßen, ich tanze auf Biki mitten in der Sahara auf die Musik in meinen Ohren, fahre Schlangenlinien um den Mittelstreifen oder Hüpfe vom Asphalt in die Sandpiste und drifte ein paar Meter im Sand. Erste Erscheinungen von einem Hitzestich vermutlich. Halluzinier ich oder war da eben ein Chamäleon? Stopp, die paar Meter zurück. Tatsächlich, nach all den Kamelen und Echsen ein Chamäleon mitten auf der Straße. Ich begleite ihn auf die andere Seite und teste es auf seine Funktion. Ja tatsächlich, ein echtes Chamäleon! Es kann es seine Tapetenfarbe wechseln, wie ich nach zwei Wochen krebsrot bin und wird nach zwei drei Farbtests wieder in die Wüste entlassen. So klasse mich der Wind vorantreibt, abends und morgens ist er eine Herausforderung. Zelt auf und Abbau ist ganz schön schwierig, das nicht gleich alles wegflattert. Drei Sekunden nicht aufgepasst und ich kann meinem Kram hunderten von Metern hinterherrennen. Lautes Rauschen und Flattern der Zeltwände die ganze Nacht über. Gut, in der ersten war es etwas gewöhnungsbedürftig, wenn sich die Zeltwände die ganze Zeit zwanzig, dreißig Zentimeter hin und her bewegen, aber als Handwerker habe ich das Zelt eigentlich gut verankert, alles verzurrt und wichtiges möglichst Sanddicht in die Gepäcktaschen eingerollt. Ab und an wenn die Heringe im Sand nicht hielten wurde improvisiert.
Herzallerliebst, hunderte Kilometer vor der Grenze, ein Polizist der mich sucht, mit einer Verpflegungstüte mit Orangensaft, Wasser, Äpfeln und Keksen kommt er mir entgegen. Man hatte mich schon abends erwartet und weil ich nicht aufkreuzte sucht man mich heute Mittag. Ja, das man bei dem Wind da draußen freiwillig im Zelt übernachtet können die sich wirklich nicht vorstellen.

Haha, der Witz an der Sache, mein Polizeifreund gabelt mich zwei Kilometer vor der nächsten Tankstelle und Anlaufstation in der Wüste auf. Das Verpflegungspacket vorgestern Abend dreißig Kilometer da draußen wäre ein Traum gewesen.

An der Tankstelle raste und esse ich kurz und es geht weiter: Let´s Rock and Roll, Mauretanien ich komme. Mit teilweise über Tempo 40 km/h der Grenzstation entgegen, Für all die Rennradler die sagen „das schaff ich locker“, ich habe extra breite Reifen, Downhillfelgen und zu meinem 20 Kilo schwerem Bike gut 30 Kilo Gepäck. Ja, auch wenn ich oft in Tagesetappen die nächste Anlaufstation habe schleppe ich mindesten vier fünf sechs Liter Wasser oder Getränke extra mit. Wie schwer der Bock dann wirklich ist, merke ich immer wenn ich morgens und abends abseits der Straße im Sand stecke und ihn rausziehen muss. Sechs Liter Wasser entsprechen eben sechs Kilo extra.

Später Nachmittag, 14. April 2012, ich stehe an der Grenze zu Mauretanien, vor mir Ground Zero Niemandsland. Fünf Kilometer Piste die Marokko und Mauretanien trennen.

Aber heute Nacht bleibe ich noch hier an der Grenze, die Tore sind eh schon geschlossen. Zwei runtergekommene Hotels für 5 Euro und ich darf in den Schlafsaal – einem Nebenraum des Restaurants.
Ein ziemlich verwegener Ort. Eine Schlange LKWs die auf morgen warten und viele alte Karossen meist sooo vollgeladen das ihre Stoßdämpfer durchschlagen.

Bis nachts um zwölf kommen fünf weitere in dem Raum unter, einer der uns allen den Schlaf raubt so schnarcht er. Ich schleife die Matratze vor die Tür aber auch das hilft nichts. Hatte mich die letzten Tage ans rauschen des Windes im Zelt gewöhnt, aber der Trucker hat es drauf. Selbst vor der Tür nicht zu überhören.

Unausgeschlafen und fertig von der Nacht geht’s los, mit dem ersten Schwung Menschen, Autos, LKWs durchs Grenztor. Eine Stunde anstehen für den Ausreisestempel. Und noch zwei Mal werden meine Personalien in dicke Bücher von Hand eingetragen, bevor es raus auf die Piste geht.

Mauretanien, vor der Reise hatte ich keine Ahnung von dem Land. Wenn man sich das erste Mal informierte und Freunde fragt bekommt man nur zu hören wie gefährlich das Land denn ist. Wer interessiert sich schon für ein so unbedeutendes Land mit Nomaden, an der Atlantikküste zwischen Marokko und Senegal, das im Osten an Mali grenzt. Wie gefährlich? Touristen werden gefangen, entführt verschleppt.

Das Niemandsland zwischen Marokko und Mauretanien

Ground Zero. Zig Wege und Pfade durch die Wüste die vor der mauretanischen Grenze enden. Das Gebiet daneben mit Granaten so vermint das sich überängstliche Touries sogar einen Guide nehmen. Da müsste schon ein Monster Sandsturm aufkommen um von der Strecke abzukommen.

Jedes Auto und jeder LKW kriecht hier vor sich hin und sucht sich seinen Weg an die Grenzstation.
Autowracks häufen sich links und rechts neben der Piste, irgendwo im Sand abgestellt und komplett auseinandergenommen. Es wird getauscht und gefeilt was das Zeug hält. Ein Szenenbild wie aus einem Endzeit-Wüsten-Film a la Mad Max.

In meinem Navi ist eine Linie zur Mauretanischen Grenzstation eingezeichnet die aber mit Abstand der beschissenste Weg ist. Immerhin dient es mir zur groben Orientierung. Hier im Niemandsland tausche ich meine letzten 800 Dh und komme als erster am morgen auf der mauretanischen Seite an. Tja, Biki und ich sind grobes gewohnt und da man bei mir wohl nicht allzu viel Schmuggelware vermutet, umgehe ich die langen Autokontrollen, und den ganzen Papierkram zum ein- und ausführen eines Fahrzeugs. Zudem kennt man sie langsam, die Handvoll Radler monatlich, um der Sahara weiter Richtung Süden in den Senegal zu folgen.

Mauretanisch Grenzstation, hier geht alles schnell, zehn Minuten, ich bekomme meinen Einreisestempel und bin drin.

Mauretanien, Land der Nomaden, die meist Kamele aber auch Ziegen, Esel und Rinder halten.

Dem gefährlichen Land von dem man immer wieder hört das westliche Touristen entführt und nach Mali verschleppt werden. Eigentlich nur Horrorstorys die ich von zu Hause mitbekomme. Die Angst vorm schwarzen Mann, einfach nur Unwissenheit über eine eben kaum erfassbare Nation weil die ähnlich wie Zigeuner durchs Land ziehen. Ich fühle mich sogar ziemlich gut aufgehoben.

An der nächsten Sandwichbude teste ich was man fürs Geld, diese lustig klingenden Orugaya, bekomme.

Wenige Kilometer hinter der Grenze die einzige Weggablung für die nächsten 500 Kilometer, eine Straße nach Nouakchott, der Haupt- und gleichzeitig einzigen Stadt dieses Landes.

Jetzt geht’s vierzig Kilometer ins Hinterland weg von der Küste. Es wird deutlich heißer, der Wind bringt keine Abkühlung mehr.

Parallel zu Straße hundert Meter von ihr entfernt eine Eisenbahnlinie mitten im Sand. Gleich drei Triebwagen ziehen über hundert Waggons. Ein knarzen und Rattern von Güterwagen. In Schrittgeschwindigkeit und dann mit Tempo bewegt sich dieser ewig lange Zug vorwärts. Es ist zu heiß zum biken, ein einziger Baum dient mir als Schattenspender, hier beobachte ich das Treiben auf den Schienen. Ein paar Jungs die oben auf den Hängern rumturnen und schauen woran es wohl klemmen könnte. Ich schätze den kompletten Zug auf gut einen Kilometer Länge oder mehr. Selbst nach einer Stunde Pause ist er nicht an mir vorbei, oder machen die nur wie ich eine Mittagsrast mit drei Locks in der Sahara?

Nachmittags erreiche ich die erste Gendarmerie Kontrolle.

Wirklich jedes Fahrzeug wird kurz angehalten und der eine oder andere genauer überprüft.

Ich habe mich über die Spielregeln hier erkundigt. Die Jungs sind wirklich nett und sagen mir immer wieweit die nächste Anlaufstation ist. Aber sie wollen nicht dass ich alleine in der Wüste schlafe.

Reine Sicherheitsanweisungen von oben, so nett die Jungs sind so sauer können sie werden wenn man sich nicht daran hält

Es ist vier Uhr und 70 Kilometer zur nächsten Station. Das schaffe ich nicht im Tageslicht, zumal mich die Hitze, und die letzte Nacht eh etwas platt machen. Kurze Bedenk Pause und ich beschließe zu bleiben.

An einem leicht windgeschütztem Ort darf ich mein Zelt aufschlagen und man kommt mit einem Gläschen Tee an.

Es ist ein bisschen wie Kino, alle paar Minuten ein Auto oder LKW so voll beladen das bei uns in Deutschland jeder die Hände überm Kopf zusammenschlagen würde. Ziegen, Kamele, riesige Taschen und Koffer, alles wird auf dem Dach festgeschnallt. Die Karossen teils museumsreif. Einen Großteil machen alte Mercedes Limousinen aus den Siebzigern und Achtzigern und dazwischen ein paar neue Luxuskarossen.

Die Gendameriestopps mitten in der Wüsste: Immer gibst einen Oberchefe mit seinen fünf sechs Gefolgsleuten. Nicht das ich Probleme hätte. Super netter Umgang und untereinander sind sie die meiste Zeit am Witze machen. Ja, schade dass ich so wenig Arabisch kann.

Mal bin ich im Wildwestfilm wo Clint Eastwood mit seinem Revolver in der einen und dem Handy in der anderen Hand rumspielt, ich hab Bauchschmerzen vom lachen. Mein Zelt steht dabei immer so das sie mich und die Straße unter Kontrolle haben. Leider ist eines der Gebote auch das Fotoverbot. Ich verbringe so einige Zeit hier mit den Boys aber nirgends darf ich Fotos schießen.

So radele ich von Polizeiposten zu Polizeiposten die zwischen 60 und 90 Kilometer auseinander liegen. Die wissen dann schon immer wo ich herkomme. Hier in Mauretanien ein deutlich abwechslungsreicheres Stück Wüste als in Marokko. Zwischendurch, das was wir als echte Wüste bezeichnen würden: schöne Sanddünen. Aber obwohl ich jetzt ein ganzes Stück weiter im Hinterland bin sind hier mehr Büsche und Sträucher als einst in Marokko. Dazu Kamele, Kamele, Kamele – die Arabische Version mit einem Höcker dazu, Ziegen und sogar mal ganz Eselherden.

Die Orte sind meist auch nur Zeltplätze mit einem bis zehn Nomaden Zelten, oder einfachsten Blech- und Holzhütten.

Es wird so heiß das ich dankbar um jeden Kiosk hier bin, alle zig Kilometer ein Limonaden Stopp, oder trinke mal einen Tee im Nomadenzelt, dazu literweise Wasser, ja ich erwische zwei richtig heiße Tage, mit über 40° Celsius im Schatten, der Wind schiebt nicht mehr, die Luft steht und das Atmen fällt mir zusehends schwerer. Mein Schädel brummt derart dass ich in erwägung ziehe ein paar Aspirin zu schlucken.

Zudem grummelts im Bauch, die Mischung aus Keksen, fettigem Kamel mit Kuskus und den ganzen Tees zu denen ich eingeladen werde.

Ich schwitze saumäßig, kann mich selber riechen. Meine Hose und T-Shirt können schon alleine stehen so dreckig sind sie in den letzten Tagen geworden. Einer Mischung aus Sonnencreme, Salz und Schweiß.

Vier Tage Mauretanien und es ist ganz anders als erwartet. Ich fühle mich richtig willkommen. Manchmal trete ich noch in das Fettnäpfchen manches Essen mit beiden Händen anzulangen. Ja, gerade unter den Nomaden gilt das rechte Handgebot. Spannend wie die manche Sachen nur mit rechts machen. Vor allem das zubereiten des Tees ist eine echte Prozedur. Echtes Handgeschick und immer wieder toll anzusehen wie viel Zeit und Arbeit die für einen kleinen Schluck Tee betreiben. Eine Jonglage mit kleinen Teegläsern und Teekanne, wobei der Tee immer wieder von einem ins andere Glas gekippt und zum aufheizen zurück in die Teekanne geschüttet wird, bis sich ein richtiger Wasserschaum im Glas bildet.

Ich stehe an einer Gendarmerie keine hundert Kilometer von Nouakchott, der einzigen Stadt des Landes, entfernt. So viel Spaß wie mit den fünf hier hatte ich in den ganzen Tagen nicht. Verständigung mit Händen und Füßen die einfach nur gut tut. Völlig entspanntes aufeinander zugehen, sogar zwei Frauen, von denen sie mir natürlich immer eine aufschwätzen wollen. Nein, der Sheriff eine Micky Mouse, aber es gibt sogar noch einen lustigeren Pausenclown. Der spielt sogar mit den Leuten, die er stoppt und deren Autos und Ausweise er kontrolliert. Ich habe nicht damit gerechnet das die Polizei hier es schafft mit Touristen wie mir so locker umzugehen. Und das obwohl es mir zusehends schlechter geht. Fettiges Kamelfleisch, Trockenfisch und merkwürdig schmeckende Suppen. Ich bin ja offen für allerlei neues, aber mein Magen rebelliert. Zudem seit Tagen fast kein Obst mehr. Keine Bananen oder Orangen, nicht einmal Datteln bekomme ich hier draußen. Ich lebe abends von einer Handvoll Reis oder Nudeln, dann Tagsüber ein paar Kekse mit Limonade und jede Menge Wasser. Nicht gerade allzu viel Kalorien die da reinkommen, zigmal mehr die ich auf Biki in der Hitze da draußen verbrenne. Die letzten zwei Tage habe ich Bauchkrämpfe als wäre ich ein Mädchen und hätte meine Tage.

Nouakchott, mit ziemlich weichen Knien erreich ich die Stadtgrenze. Alleine auf den letzten 15 Kilometern sechs Polizeistopps. Ich will doch nur noch locker durchradeln. Wie war das, lockeres Beine austreten durch die Sahara. Zudem gehen meine Kopien aus, das heißt ich stehe jedes Mal 10 Minuten bei der Kontrolle bis die alles abgeschrieben und notiert haben.

Nouakchott, eine langgezogene Außensiedlung mit einer vierspurigen Schnellstraße, Rohbauten links und rechts, dazwischen häufen sich Kamele. Ich erreiche das Zentrum. Keine echte Altstadt, ein immer dichter werdendes Gewusel.

Nouakchott besitzt keine Stadtmauer, eine City die zu Kolonialzeiten von den Franzosen aus dem Boden gestampft wurde und seit je her wild anwächst. In manchen Gebieten liegt der Sand Knöcheltief auf der Straße, überall Straßenarbeiter, immerhin mit Masken, die mit Schippe und Besen bewaffnet versuchen wenigstens die Hauptstraßen Sand frei zu halten. Selbst ich mit meinen extrabreiten Schlappen muss schieben. Eine wilde chaotische City die ihren eigenen Charme hat. In einem Land deren Bewohner hauptsächlich Nomaden und Kameltreiber sind.

Nouakchott grenzt aber auch an den Atlantik und hat einen kunterbunten Fischmarkt direkt am Meer. Hier ist das Gewässer noch nicht überfischt. Direkt vor der Haustür dieser Stadt ziehen die Jungs tonnenweise Fische aus dem Wasser.

Nach zwei Stunden finde eine lustige Auberge. Haha, Hotel Sahara, da war ich vor gut zehn Tagen doch schon. Auf der Dachterrasse die Billigunterkünfte in Zelten, genau mein Ding.

Ein Deutscher der mich zu textet, ich bin viel zu fertig um zuzuhören, habe Durchfall, stinke wie ein Kamel und mein Bauch krampft.
Fast zwei Wochen ohne fließend Wasser im Wüstensand leben, im Sturm bei Nomaden und den Gendamerieposten, manche merken überhaupt nicht, das man nicht zuhört. Ich glaube der redet als noch obwohl ich mich schon längst ins Bad verzogen habe.

Nach einer langen Dusche geht’s mir besser, fühle mich wieder munterer. Zum Glück noch andere Gäste die sehr viel sympathischer sind als Deutschland. Umgeben von vier Oberländern beginnt ein lustiger Abend. Jeder macht Späße über den Anderen.

Overlander: das sind Jungs und Mädels die mit ihrem Fuhrwerken versuchen irgendwie auf dem Landweg durch Afrika zu kommen.

Jamie und Ed, ein Pärchen aus Manchester, haben den wohl luxuriösesten Schlitten. Ein Land Rover, bis ins kleinste Detail von Ed mit Technik ausgestattet. Mike, ein Kiwi der lange mit einer Südafrikanerin verheiratet war, hat sich einen Pajero für 2000 Euro in Portugal erworben, und das wohl witzigste Gefährt von Chris, einem Schweizer: der will mit seinem vierrad getriebenen Panda nach Dakar und zurück.

Gut dass an dem Abend kein Alkohol im Spiel ist, ich glaube das wäre ausgeufert. Allein wie Ed und Chris sich mit ihren Fahrzeugen batteln. Verbal wird der arme Schweizer Panda vom Britischen Landrover Gefickt…

…und den Worten folgen Tags darauf auch noch die Taten. Keine weiteren Ausführungen, sonst werde ich hier noch wegen Tierquälerei an einem Panda in der Wüste angezeigt. Aber am Ende haben wir uns doch alle lieb, versprechen untereinander im Kontakt zu bleiben.

Von wegen Kontakt, am Abend erreiche ich Barbara, einem österreichischem Madal das hier lebt, und mit einem Mauren verheiratet ist. Sie holt mich am Folgetag hier ab und ich kann mich bei ihr im Haus etwas ordnen.

Super endlich klappt’s mit Couchsurfing so wie ich es mir vorgestellt hatte. Barbara, die selbst als Overlander vor drei Jahren mit einem dreißig Jahre altem Land Rover und ein paar deutschen Jungs und Mädels in wechselnden Besetzungen und Fahrzeugen Südafrika erreicht hat. Ja, und auf dieser Reise ihren jetzigen Mann Sidi kennengelernt hat.

Ja, man könnte uns leicht geschwätzig nennen, aber wir verstehen uns super. Tausende von Storys, Anekdoten, sie hat ein witziges Buch über ihren Trip geschrieben. Leider ist Barbara quasi Fulltime beschäftigt mit zwei, drei Jobs gleichzeitig – alleine was sie von Korruption und Gehältern der Umweltorganisation für die sie schafft erzählt würde den Rahmen dieses Blogs sprengen. Ja, das ist Afrika; so tief wie Sie werde ich wohl nicht in diese Welt einsteigen, aber spannend wie sie sich auf Land und Leute einlässt. So alleine in der Wohnung habe ich Zeit und Ruhe erst einmal in der Stadt hier anzukommen.

Es tut gut die Beine mal ein paar Tage baumeln zu lassen aber ich weiß, innerhalb von vier Tagen zieht es mich wieder auf die Piste. Aber ich weiß, auch wenn es nur ein kurzes Treffen ist, man hat echte Freundschaften gegründet. Und diese Reise ist eben doch anders als noch vor gut zehn Jahren. Dank Mail, Facebook und Handys hat mal einen viel direkteren Draht als einst.

Zu meinen Ehren versuchen die Mädels eine Schwarzwälder Kirschtorte zu backen.

Nicht ganz, aber ich darf aber die Testtorte probieren. Für eine Feierlichkeit hat sich Barbaras Chef eine Schwarzwälder Kirschtorte gewünscht. Das in einem Land wo es nicht einmal Kirschen gibt und Alkohol so gut wie verboten ist.
Als Weißer in Nouakchott kennt man aber immer Jemanden der Einem der das aus Deutschland mitbringt oder auf eine Bestellliste schreibt. So kommt man auch an den Kirschschnaps, Sauer- und Dekorkirschen. Trotz aller Zutaten ist die Zubereitung trotzdem nicht ganz leicht. Die Schlagsahne wird bei der Wärme in Sekunden zu Butter und so tolle Küchengerate wie bei uns hat Mann/Frau auch nicht.

Abends dann das Nachmittagswerk gekostet, die zwei Ehemänner haben ihren Spaß und lassen die Torte am Ende zur Kuchenschlacht werden. Wenigsten ich weiß mein Stück echte Schwarzwälder Kirschtorte Wert zu schätzen. Da draußen mit Biki werde ich übermorgen wieder von Nudeln und trocken Brot leben.

Ja, ich freue mich schon jetzt auf Dakar, dort habe ich eine nett klingende Adresse. Wieder eine Deutsche die mit einem Senegalesen verheiratet ist und zwei Kinder sind auch dabei. Schon fast ein Katzensprung; 400 Kilometer Luftlinie, etwa sechshundert Kilometer auf der Straße.

Es war eine tolle und lehrreiche Woche, Afrika einmal nicht aus der Radperspektive.

Die zwei wirklich engagierten Mädels mit ihren nicht ganz alltäglichen Problemen.

So unterschiedlich die zwei sind und ich glaube in Österreich oder Süddeutschland wären die zwei sich nie so nahegekommen. Beide mit einem muslimischen Afrikaner verheiratet um überhaupt in einer Beziehung leben zu können. Beide Arbeiten gleich in mehreren NGOs und bei einem Tierschutzverein. Das Ganze in einem wirklich einfachem armen Land, das verbindet. Schon beindruckend was für Vorurteile, Urteile und Unterschiede eine solche Beziehung beinhaltet.

In Nouakchott der Wüstenstadt an der Atlantikküste radle ich zum Fischmarkt, laufe durch die sandigen Straßen der Innenstadt. Der Sand knöcheltief, dazu brütende Hitze, hier in der City fehlt der kühlende Wind der außerhalb der Stadt weht. Straßen, die keinen Namen tragen, ein paar wenige Hauptstraßen sind von den Franzosen mal benannt worden aber ansonsten keine Orientierung außer großer Plätze und Gebäude, Cafés die man kennt um sich zu treffen.

Ja damit ist ein Postsystem hinfällig. Briefträger gibt es nicht und wer Post erwartet muss zu Poststelle gehen und hier ein Postfach eröffnen. Briefe oder Gegenstände aus Europa lässt man sich von wildfremden Menschen mitbringen. DHL ist zwar vorhanden aber unbezahlbar teuer, der Versand einer Kreditkarte hierher von der Schweiz soll über 200 Euro kosten. Chris, unser Schweizer Panda-Experte dessen Karte gesperrt wurde, braucht Ersatz. Die Lösung um an Geld zu kommen ist: Western Union, dem Afrikanischen Geldübertragungsmittel No.1. Viele, die hier kein Konto oder Bankkarte besitzen, können so Geldtransfers vornehmen.

Barbara nimmt mich am letzten Tag mit raus zu einem der Eselmärkte. RespekTiere, eine Österreichische Organisation will Eseln, die hier auf der untersten Stufe stehen, helfen. Obwohl sie Karren ziehen die wie Pickups beladen sind, Arbeit und Transportmittel No1 der einfachen Bevölkerung: Sie werden getreten, geschlagen, und dann am Straßenrand halb tot stehen gelassen. Vier Tierärzte die bezahlt werden deren Job hauptsächlich Aufklärungsarbeit ist. So wie die ihre Autos pflegen sollte man auch sein Nutztier halten. Schon brutal wie hartherzig Afrikaner mit diesen Tieren umgehen und dann einfach verenden lassen, obwohl das Tier ihre Lebensexistenz ist. Einschläfern ist verboten. Selbst mitten in der Stadt Esel und Ziegenleichen, echte Bioschleudern in der Stadt.

 

Nouakchott

So heißt es mal wieder Abschied nehmen von Menschen die man in kürzester Zeit wirklich lieb gewonnen hat. Erst am späten Nachmittag komme ich los

Es geht raus, noch einmal ein kurzes Stück Sahara. Dieses Mal bleibe ich abends nicht bei Gendarmerieposten, und verziehe mich ungefragt ab der Straße. Ich will die Wüste noch einmal für mich alleine, nicht direkt neben einer Polizeistation schlafen.

Ja und am Folgetag beginnt langsamer Wandel. Goodbye Sahara. Immer mehr Bäume zwischen den Sanddünen und immer mehr Häuser die richtig gemauert sind, die Zahl der Nomadenzelte nimmt rapide ab.

Ein letzter Tag Mauretanien, keine Hundert Kilometer bis Senegal. Jetzt ab der Hauptstraße eine Piste durch die Sahelzone, ab jetzt wird es hart. Nach all den gut und auch schlecht geteerten Hauptstraßen geht’s auf sandige Pisten. Mal gut befahrbar, mal schiebe ich.
Dazu wird’s hügelig und bis an den Flusslauf des Senegal. Vögel zwitschern und jede Menge Rinder und Kamele. Ein Nationalpark mit Warzenschweinen.

Die Piste weniger sandig dafür wie ein Wellblechbrett. Ja, die letzten Kilometer zum Senegal kosten richtig Körner. Der Senegal liegt zur Linken, nur noch durch den Senegal Fluss, der einen dicken, nicht durchdringbaren Bambuswald Mauretanien vom Senegal trennt. Zu meiner Linken eine staubige flache Ebene.

Es wird immer grüner, eine letzte Gendarmerie und ich soll 2000 5 Euro Parkgebühr bezahlen. Man droht mir dass ich die zehn Kilometer wieder zurückradeln müsse wenn ich sie nicht jetzt löse.

Gelogen aber ich bin zu geschafft lange zu diskutieren, ich will weiter weil ich nicht weiß wie lange ich an der Grenze brauch und was mich dahinter erwartet

Klar kurz darauf bei der Ausreise, keiner der sich für mein Parkticket interessiert, keine 10 Minuten und ich habe einen Ausreisestempel. Jetzt noch über die Brücke des Senegal, und ich bin im Senegal.

Die Schranke ist zu, kein Mensch der einen Pass abstempeln will. Dafür eine Horde schreiender Kids: „Merkado, merkado, merkado,“ Endlich kommt einer, verjagt die Rasselbande und führt mich zum Office Häuschen.

He, wurde in Mauretanien mein Pass eben noch eingescannt und alles in den Computer eingetragen, hier ein Fußballfan als Grenzer der mich nur in ein Büchlein einträgt und geschmierte 10 Euro für den Einreisestempel will. Er zockt mir meine letzten Rupie aus der Tasche, aber ich will – muss weiter.

Welcome Senegal

Endlich wieder eine perfekt geteerte Straße nach Saint-Louis. Was ein buntes Straßenbild. Gleich viel mehr Menschen in bunten Kleidern und alle paar Kilometer ein Dorf am Straßenrand mit den ganzen Gewerken. Viele die Metall bearbeiten und Autos und Mopeds reparieren. Ganz viele Schreinereien die kunstvolle Betten und Schränke bauen, Schneider und immer wieder Frauen die Früchte oder Backwaren verkaufen.

Saint-Louis, erste Anlaufstation. Ich tanke Geld und teste die Afrikanischen Francs.

Hinter Saint-Louis geht’s runter nach Dakar. Die Straße immer noch prima, nur die Laster die mich überholen stinken. Nicht nach Diesel sondern Fisch. Jeder zweite Fischtrucker der mich überholt spritzt mich mit auslaufendem Fischblut-Salzwassergemisch voll.

Mädchen die mich mitten auf der Straße stoppen, weil sie Fotos von mir mit sich haben wollen und ihre Mobiltelefone zücken. Klar, und danach soll ich sie auch noch heiraten, am besten alle.

Kamele sind schlagartig vom Straßenrand verschwunden, dafür turnt gleich eine Horde spielender Affen an mir vorbei. Erdmännchen verschwinden in ihren Löchern am Straßenrand und lauter zwitschernde schillernde Vögel.

Was ein Tag. Die letzten Stunden in Mauretanien und die vielen ersten Eindrücke Senegals. Raus aus der Sahara, aus dem Land der Nomaden, in eine neue Bunte Welt in der Sahelzone, die viel bevölkerter und etwas westlicher orientiert ist als noch in Mauretanien.

Ja soo oder so ähnlich hatte ich mir Afrika vorgestellt. Ein richtig krasser Gegensatz an Welten nur getrennt durch einen Flusslauf.

Abends in der Dämmerung verziehe ich mich von der Straße, ungesehen Biki einen knappen Kilometer vom Straßenrand weggezerrt und schlage mein Lager neben einer Hecke auf.

Ja, noch ist der Tag nicht zu Ende. So wie jetzt hat es doch eben nicht gestunken? Wo kommt der Gestank her, ist es Scheiße? Nein, an der Hecke sind beim gegenlehnen des Rades Zweige umgeknickt und da läuft ein weißer stinkender Harz aus, tropft über meine Satteltaschen und Biki. Was ein Gestank und ein klebriges Etwas. Yep Afrika, da gibt’s noch viel zu lernen und erleben.

Die nächsten drei Tage folge ich der Hauptstraße 250 Kilometer runter nach Dakar. Ein lustiges Treiben neben der Straße, daneben eine Piste für Pferdekutschen, zwei Welten die nebeneinander existieren, aber auch die einfachen Hirten und Bauern besitzen inzwischen Handys. In den Dörfern und größeren Orten laute Gesänge, erst halte ich’s für laut aufgedrehte Radiosender, sind dann aber tatsächlich Frauengruppen sie zu religiösen Anlässen fröhlich Musizieren. Singen, klatschen, trommeln. Vom Vortag geschafft schlafe ich in der Mittagshitze unter einem Baum ein. Ich träume davon wie ein Junge mir versucht beizubringen Schlangen zu fangen, und genau in diesem Moment kriech mir so ein 80cm langes längsgestreiftes Reptil über den Arm.

Ich glaube wir haben uns beide zu Tode erschreckt. Erst jetzt bemerke ich die Sandkuhle am Baumstamm.

So wieder hell wach radele ich weiter Richtung Dakar. Afrikas westlichster Zipfel. Für die letzten 40 Kilometer biege ich von der Hauptstraße ab um auf größeren Nebenstraßen nach Dakar rein zu radeln.

Vor Jahren sogar schon einmal geteert ist die Straße längst wieder zu einer staubigen Wellblechpiste geworden. Jetzt reiht sich ein Dorf ans andere und dazwischen Mangobäume soweit das Auge reicht. Die Ernte fängt gerade an.

Den Seitenwind den ich seit Wochen habe bläst mir den von den LKWs aufgewirbelten Staub ins Gesicht. Ich schwöre mir in Dakar endlich eine Sonnenbrille zu kaufen, auch wenn ich dieses Bild eines Joe Cool mit Helm und Brille im Gesicht von mir nicht mag. Keine 20 Kilometer mehr rein nach Dakar. Was ein Verkehrstreiben: Pferdekutschen, das Buschtaxi, LKWs, Müllabfuhr, Chaos pur. Ein Hup- und Staub-Konzert. Nur ein paar Motorräder sind schneller. Stopp and Go, ein einziger Hitzestau. Hier möchte ich echt nicht Autofahren. Viel schneller als doppeltes Schritttempo kommt hier keiner voran. Die letzten Kilometer möchte ich an der Küstenstraße direkt am Atlantik zum Westzipfel, was völlig in die Hose geht. Nicht nur das ich keine Toilette finde und mir die Kacke aus der Radhose quillt, nein, die sicher einst mal geteerte Straße ist wieder komplett vom Sand zurückerobert. Ich schiebe – zerre Biki zwei Kilometer durch den Sand. Am Strand wasche ich meine Klamotten aus um nicht völlig stinkend in Dakar zu erscheinen. Nein, dann eben wieder auf in Richtung Innenstadt auf die Stadtautobahn, hier fließt der Verkehr wenigstens.

Zweiter Mai Dakar, es ist geschafft. Nach knapp neun Monaten stehe ich am westlichsten Zipfel Afrikas.

Wieder ein Teilstück meines Bikeafrica Vorhabens weiter. Dieses Mal ist es ein Warmshower Kontakt, einer Website für Radfahrer, eine Anlaufadresse die ich hier habe.

Ulrike, eine deutsche Ärztin bei der ich unterkomme. Dakar. Immerhin, im verglich zu Mauretanien gibt’s hier Straßennahmen. Bevor ich die Adresse finde lande ich bei einer Französin, die vor zwei Tagen geheiratet hat und bei der noch die halbe Familie aus Europa und den USA in der Wohnung ist.

Ja, als Weißer wird man hier herumgereicht, es war die Lösung eines Wachmanns, der wusste das hier jemand wohnt der gut englisch spricht. Silvia ruft für mich Ulrike an und lässt sich eine Wegbeschreibung geben. Hey, ich war gar nicht so verkehrt, gerade mal 300 Meter Luftlinie weiter wohnt Ulrike. Aber bevor man mich gehen lässt will man natürlich mehr über mich und meine Geschichte erfahren kommt mit runter und inspiziert Biki.

Geschafft! Ich stehe vor einem wunderschönem Gründerzeit Haus, ein Teenager der deutsch Spricht lässt mich rein in die Jugendstilvilla. Begrüßt von Rony, einem Schäferhund, einer Weißen Hauskatze und zwei Papageien. Ulrike kommt und klärt mich auf. Der Junior hier ist gar nicht der eigene Sohnemann, sondern nur der einer Freundin, die eigenen zwei Kids sind gerade mit ihrem Mann in den Süden des Senegal gefahren, um sich von der Familie zu verabschieden.

Nach fast zwei Jahrzehnten Senegal geht es nun für Ulrike mit der gesamten Familie Nach Bangkok, Thailand. Das wird bestimmt ein großes neues Kapitel für diese Familie; ein Afrikanischer Papa und die zwei Kids inmitten Südostasiens. Ulrike hat erst einmal für ein Jahr mit der Option weiter vier Jahre als Ärztin für die Amerikanischen Peace Corps zu arbeiten.

Noch am gleichen Abend sitze ich mit an einem deutschen Stammtisch, einem gemischter Haufen Deutscher einer Schweizerin und einem Iraner, die es alle nach Dakar gezogen hat. Der Eine arbeitet in der deutschen, der nächste bei der US Botschaft, wieder einer bei der GIZ, der gleichen Organisation bei der Barbara und Silvia aus Nouakchott tätig sind und, und, und.

Jetzt gilt es sich erst einmal wieder neu zu orientieren. Ulrike hat bestimmt einiges als Ärztin über dieses Land zu erzählen. Viele VISAs die besorgt werden müssen, da kommen gleich sehr viele kleine Staaten entlang der Elfenbeinküste auf mich zu.

 

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