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Blog 4 Teil 2 - die Rhohne runter ans Mittelmeer
mit den Alpen im Rücken rolle ich das Rhone Tal runter am Mittelmeer es geht Richtung Pyrenäen durch so manch eine verträumte Stadt und nicht enden wollenden Weinfeldern in
Frankreich
Transalp Ost West Crossing
Die Zugspitze im Rücken radele ich im Westen Österreichs für zwei Tage Richtung Inn und dann dem Flusslauf folgend.
Obwohl ich die letzten zwei Tage nicht mehr allzu weit gefahren bin, fühlen sich die Beine wie Blei an.
Zudem ziemliche Kopfschmerzen. Abends beim genaueren Betrachten des Helms ist mir klar warum: Der Sturz an der Zugspitze hat wohl doch einen ziemlichen Schlag auf den Kopf gegeben - der Helm hat
einen Riss und eine Beule.
Aber besser das Stück Styropor als mein Kopf, und mit zwei Aspirin und viel frischer Luft verschwindet die leichte Gehirnerschütterung viel schneller als erwartet.
Das Österreich nicht flach ist war mir klar, aber diese Radschotterwege, die ich in mein Navi gefüttert habe sind hart. Immer wieder steile Rampen rauf und runter, auch neben den Flusstälern, nur um
nicht auf der Hauptstraße zu landen.
In den Tälern Heuernte, hier wird noch recht viel von Hand zusammengerächt, oft ist die ganze Familie auf den Wiesen zu Gange.
Überall auf den Feldern diese alten kleinen Heuschuppen, die ich gelegentlich als Übernachtungsplatz nutze. Richtig bequem im Stroh, zumal mich meine Isomatte etwas im Stich lässt, keine Stunde mehr
und sie ist platt.
Immer mal wieder eine kleine Gruppe, meist deutscher MTB-ler die hier für ein paar Tage über die Alpen ziehen. Nette Idee mit kleinem Gepäck auf dem Rücken von Hütte zu Hütte zu radeln
Das Wetter spielt zum Glück auch wieder mit. Ich komme ins Inntal. Der Radweg frisch geteert direkt neben der Autobahn. Das sind dann die Teilabschnitte die ich ganz schnell hinter mir lasse. Mit
Musik in den Ohren, versuche ich mich hinter die Rennradfahrer zu klemmen und den Windschatten etwas auszunutzen.
Das Inntal wird kleiner, verwundener, richtig nett.
Immer mal wieder ein paar Kajaks unter mir im Wildwasser. Links und rechts werden die Berge wieder etwas steiler - Bis ich Süs erreiche.
Ach wie süß - nach Davos nur ein Katzensprung und nur ein kleiner Pass von 2400 Metern.
Eigentlich wollte ich schon längst in Davos sein aber meine Beine sind immer noch nicht ganz fit. Landschaft und Wetter motivieren zumal die Radstrecke immer fernab der Hauptstraße verläuft.
Jetzt muss ich aber auf die Passstraße zum Flüelapass hoch.
Es ist Nachmittag als ich in Süs nach oben starte. Gut 1.000 Höhenmeter vor mir.
Die Rennradfahrer unten grinsen mich an und geben mir Thumbs Up.
Es ist Vier und ich rechne damit um Sieben oben zu sein. Ca. 300 Höhenmeter pro Stunde, daß ist das was ich mit Biki schaffen kann.
Aaaber die Beine sind schwer und fühlen sich schon nach den ersten Metern noch schwerer an. Ich finde keinen Rhythmus.
Eine ziemlich befahrene Straße die Nr.28 den Flüelapass hoch. Vor allem die Motorradfahrer und Campervans nerven, besonders die, die so dicht an einem vorbeiziehen
Nach ein paar Höhenmetern der erste Stopp. Ich sitze schon fünf Stunden im Sattel etwas gestärkt und mit Walkman in den Ohren versuch ich motivierter in den Berg zu gehen. Es klappt auch
einigermaßen. Mit Musik kann ich mich immer super motivieren, zumal wenn ich die Stöpsel ganz tief in die Ohren schiebe nervt der Krach der überholenden Mopeds nur noch halb so sehr.
Fünf vor Sieben habe ich es geschafft. Ich bin oben auf dem Flüelapass.
Mit ein paar kleinen Pausen gut durchgekommen.
Die Sonne senkt sich und ich werde mit einem tollen Sonnenuntergang belohnt. Oben am Pass zwei kleine Seechen links und rechts der Straße. Ich beschließe nicht mehr runterzuradeln und schlage mich
von der Straße ein Stückchen ab und schlafe überhalb der Seen unter freiem Himmel. Eine Sternklare Nacht: Hotel der 1000 Sterne
Gut eingemummelt mit langer Unterhose im Schlafsack.
Am Morgen darauf die Abfahrt bis Davos ein Traum, die Stadt an sich wirklich hässlich. Nur für den Tourismus ausgelegt und fast keine Altstadt dafür umgeben von Bergen.
Aus Davos raus folge ich einem MTB Track ins Togloch.
Ob das die Gepäckträger und Taschen mitmachen??? Ein steiler Singletrack bergab.
Dieses mal mit vollbeladenem Bike zehn Kilometer ins Tal - Loch. Langsam kontrolliert hoppel ich die Felsen runter. Aller Schmerz des Vortags vergessen. Downhill ist mein Metier. Jetzt aber
vollbeladen und richtig anspruchsvoll. Mountainbike mit Vollfederung in kompletter Schutzausrüstung die an mir vorbeiziehen, und nicht glauben können was sie da sehen. Ein paar Wanderer die auch nur
kopfschüttelnd neben dem Trail stehen.
Ich jedenfalls habe meinen Spaß und meine Herausforderung. Viel zu schnell bin ich unten, der Trail hätte ruhig noch viel länger dauern dürfen.
Ein kleines Flusstal runter, das ins Rheintal mündet. He, ich hätte nicht gedacht das ich dem Rhein noch einmal begegne. Ich bin wieder gar nicht weit vom Bodensee entfernt.
Aber nach ein paar Kilometern im Rheintal geht’s links ab zum Wallensee nach Wallenstadt.
Alles Flach, he wie langweilig. Mit leichtem Rückenwind werde ich sogar im Flachland richtig schnell. Vorm Wallensee schlage ich mich hoch in die Weinberge. Die Schlafplatzsuche Abends kann manchmal
richtig ätzend sein. War bis eben alles Flach schlage ich mich jetzt über hundert Meter hoch um ein mehr oder weniger gutes Plätzchen zu finden.
Dafür ist der Blick abends klasse, all die Lichter unter mir das Tal entlang wo ich gerade langestrampelt bin. Vor mir der Wallensee und direkt dahinter der Zürichsee
Tags drauf wieder bestes Wetter. Als ich Vormittags am Zürichsee ankomme gönne ich mir eine Pause, wasche meine Radsachen im See und schwimm eine kleine Runde.
Hier ist die Schweiz wie geschleckt. Öffentliche Toiletten die super sauber sind, da kann man sich sogar richtig gut waschen und rasieren.
Ein Stückchen weiter die Stadt Jona, ein super verträumtes Nest zwischen Obersee und Zürichersee, die nur durch eine lange Brücke getrennt sind.
Ich setze mich ins Starbucks Café weil das der einzige Ort für freies Wi-Fi (Internet) ist.
12 Franken für einen Café - dem wohl teuersten in meinem leben.
Der wichtigste Grund ist, ich will die Adresse für Solartech rausfinden.
Das ist der Grund warum ich überhaut diesen ganzen Umweg quer durch die Schweiz mache.
Solartech produzieren effiziente Solarpanels für den Outdoor Bereich und nachdem ich schon lange im Voraus nach so einer Anlage gesucht hatte bin ich immer wieder bei diesen Jungs gelandet.
Der Clou an der ganzen Sache mit dem Solarpanel wird nicht direkt der Laptop sondern erst ein Pufferakku geladen.
Die Firma ist von hieraus gesehen gleich um die Ecke, Bubikon, das sind keine sieben Kilometer von hier. Im Café habe gar nicht bemerkt wie das Wetter umgeschlagen ist. Es nieselt und ich verlasse
den See Richtung Bubikon. Dort angekommen suche ich mindestens eine halbe Stunde nach einem geeigneten Zeltplatz.
Hier in der Schweiz möchte ich nicht sofort von jedermann gesehen werden und Ärger umgehen, indem ich unentdeckte Plätzchen finde. Im leichten Regen stelle ich das Zelt auf.
Als ich mit dem Kochen beginne fängt es richtig an zu pissen und zum Abendessen machen verkrieche ich mich in das Vorzelt.
Es pisst die ganze Nacht. Mein Zelt entwickelt sich erst zu einem Planschbecken und dann schon fast zu einem Swimmingpool. Alle Stunde Wasserschöpfen. Mit meiner Kaffeetasse wirklich literweise das
Wasser rausgeschippt und mit dem Handtuch nachgetrocknet.
Keine wirklich erholsame Nacht - He und kurz vorher war ich noch im See Baden.
Ja es wird Herbst. Auf den Bergen um mich herum hat es sogar geschneit.
Es ist Mittag bis ich meine Sachen so halb trocken eingetütet und meine zwei heißen Tassen Kaffee getrunken habe um nicht ganz so fertig bei den Jungs von SIStech zu erscheinen
Shopping bei SIStech, keine Ahnung wie viel Zeit ich hier verbringe. Jedenfalls war ich noch nie sooo lange shoppen für ein Solarpanel und den Pufferakku
Drei Kaffee später mit jeder Menge Kabeln, Adaptern und Ladegeräten und natürlich dem Solarpanel und Pufferakku verlasse ich den Laden.
Das ging ein bisschen übe ein Beratungsgespräch hinaus mit super Informationen und auch vielen Ideen und Lösungsmöglichkeiten.
Aber auch Afrika ist ein wichtiges Thema. Was man alles in den abgelegenen Dörfern mit Solarenergie erreichen könnte. Licht mit LEDs in den Hütten oder Handys aufzuladen, ohne Kilometer weit dafür
laufen zu müssen.
Es geht schon Richtung Abend als ich den Laden verlasse und es nieselt nur noch leicht.
Oberhalb von Jona frage ich an einem Pferdestall nach einer Schlafplatz im Stroh.
Super netter Familienvater der das Pferdegut nebenher betreibt. Die Frau und Tochter leider ziemlich krank. Er ist Sozialpädagoge - arbeitet mit Jugendlichen und sie betreibt Ergotherapie mit Kindern
und den Pony hier oben.
Ein Traumhaftes Plätzchen über dem Zürichersee - traumhafter Blick abends wie morgens
Ich spiele mit dem Hund und habe einen tollen trockenen Nachtplatz im Stroh und Biki darf neben den Pferden und Ponys im Stall übernachten.
Morgens wieder aufgesattelt lerne ich den Rest der Familie kennen und dankbar für die gute Nacht verabschiede ich mich. Ich lande wieder im Starbucks Café in Jona. Diesmal ein etwas günstigerer
Kaffee und eine süße Bedienung. Mein Tag ist gerettet. Draußen nieselt es und ich bin im Trockenen. Von Nina der netten Bedienung bekomme ich immer mal einen neuen Kaffee dazugestellt.
Ein nettes, direktes Mädchen. Sie meint wörtlich sie würde mich ja gerne mit zu ihr nehmen, aber da ist ein Typ der es eigentlich nicht wert ist, der bei ihr wohnt. - Schade ;)
Immerhin ich bin dazu gekommen North Face mein Zelt Dilemma zu schildern, ein paar E-Mails und Bilder auszusortieren und an meinem Blog zu schreiben.
... und ganz wichtig, meine neue Technik anzutesten. Das mit dem Solarpanel ist bei Regen wohl nicht so effizient aber dank Pufferakku und Adaptern kann ich endlich meine ganzen anderen Batterien und
MP3 Player aufladen.
Mit jeder Menge Kaffee im Bauch radele ich so guten Mutes wieder raus aus Jona. Dieses mal hoch auf die andere Seeseite.
Es ist schon recht dunkel und es wird ganz schön steil. Ich strample solange den Berg hoch bis ich einen Waldweg finde und in dem Waldstückchen ein einigermaßen Flaches und leider etwas feuchtes
Plätzchen finde.
Morgens gut gestärkt und nach den drei quasi Ruhetagen geht es wieder richtig rein in die Berge.
Morgens noch ein "kleine Hügel", der Feusisberg. Nachdem ich den hinter mir gelassen habe zieht sich ein lange Tal Richtung Schwyz hoch.
Ein Schweizer mit Trekkingbike der eine ganze Ecke mit mir mitradelt, er absolviert gerade seine letzten Wochen in der Schweizer Armee. So im Gespräch vertieft vergeht die Zeit rasend und wir kommen
das Tal locker hoch, bis er bemerkt das er schnellstens wieder zurück zur Kaserne muss.
Das Wetter hat sich wieder zum Guten gewendet, die Sonne scheint und die Berge links und recht mit Neuschnee bedeckt. Aber dementsprechend hat es sich eben auch abgekühlt
Noch eine paar Höhenmeter hoch und ich stehe oben auf dem Pass. Die Berge ringsherum mit Puderzucker bedeckt und unter mir das Städtchen Schwyz.
Runter liefere ich mir ein kleine rennen mit Motorradfahrern. Die staunen nicht schlecht wie gut ich mich in die Kurven legen kann, aber der Marathon Mondial Reifen ist nun mal fast ein
Motorradreifen ;) - dafür auch fast so schwer.
Unten in Schwyz folge ich dem Tal abwärts und bin am Vierwaldstätter See
Direkt neben der fast autobahnmäßig ausgebauten Bundesstasse ein Streifen gerade so 60 cm breit für Fußgänger und Radfahrer.
Netterweise vorher noch ein Hinweisschild man möge doch bitte Boot oder Bahn als Reisemittel nehmen und nicht neben der Bundesstraße laufen / radeln.
Was soll’s. Eine gute Stunde und die zwölf Kilometer sind überstanden und ich stehe abends am Ende des Vierwaldstätter Sees in Flühen.
Ein langes Tal vor mir das sich ganz langsam hochzieht, richtig hoch.
Aber jetzt erst einmal einen Schlafplatz gesucht und in einer verlassenen Scheune in diesem Industriegebiet gefunden.
Ein richtig hässliches Gebiet, die Autobahn, Industrie und Eisenbahn neben mir.
Kein Wunder das die Bauern das Land hier verlassen.
Es geht raus aus den Federn. Es steht ein langer Tag bevor. Neben einem Kuhstall übernachtet, kann ich scheißen wie ein Rindvieh! Meine Fresse da geht auch jede Menge Futter durch meinen Magen.
Abends 250g Pasta mit 500g Soße und morgens die gleiche Menge Müsli. Tagsüber alles mögliche und unmögliche was neben der Straße wächst, jede Menge Kekse und ein paar Bananen.
Aber bei dem was kommt verbrenne ich locker das doppelte.
2000 Höhenmeter mit über 50kg unter den Beinchen - lets Rock and Roll.
In Schwyz gestern hatte ich überlegt ein Carepaket mit überflüssigem Kram heimzuschicken, aber 45 Franken waren mir einfach zu viel.
Die ersten Kilometer im Tal fühlen sich locker an, ich finde auch immer wieder Nebenstraßen, bis ich auf die Passtraße treffe, die sowohl hoch auf den Gotthardt und den Furkapass führt.
Nettes Radschild: steigt 1500m auf 34 km - sehr motivierend.
Aber ich bin noch guter Dinge. Rennradler die neben mir immer wieder vorbeiziehen. Nein, dieses Mal versuche ich nicht mitzuhalten. Die Straße auch nicht allzu breit und nicht ganz ungefährlich.
Viele Autos und Motorräder die dicht an mir vorbeiziehen - Ahhh da kriege ich immer meine Anfälle: Motorräder rasen in 2cm Abstand an mir vorbei. Können die nicht den Gotthard Tunnel nebenan
benutzen.
Nee, so ganz angenehm ist dieser Teilabschnitt nicht.
Und lauter Mofas die mir da entgegen kommen.
Hilfe, was machen die denn??? So nach weiteren zehn Minuten dämmert es mir als die ersten richtig lustigen Verkleidungen und teilweise mit Anhänger mir entgegenkommen. Das muss irgendein Event oder
Rennen sein.
Jedenfalls ist das spaßig da zuzuschauen und die Zeit verfliegt gerade zu. Von Altdorf bis Andermatt lege ich fast keine Pause ein.
Hinter Andermatt ist eine mobil aufgebaute Tankstelle für Mofas und ein Riesiger Red Bull Getränkestand. Im Minutentakt kommen die Mofas hier eingetrudelt.
Die witzigsten Verkleidungen und rausgeputztesten Mofas. Bis ins kleinste Detail geht da manch einer um sein Mofa voll im Retrolook, voll verchromt hier erscheinen zu lassen.
Vom Engel zum Teufel, Nikolaus und Milchmann, zu Rockern und Heavy Metall Verkleidungen ist alles zu haben.
Am Red Bull Stand bietet man mir was anständiges zu trinken an, selbst die meinen man kann das Zeug keinem Fahrradfahrer anbieten, und bekomme einen Honig-Quittensaft angeboten.
Hier gabelt sich auch die Straße entweder rüber über den Gotthard oder über den Furka.
Damit nimmt die Verkehrsdichte auch deutlich ab.
Mit einem Liter Honig-Quitte im Bauch tuckere ich weiter, neben mir eine Bergbahn und mir kommen immer noch jede Menge Mofas entgegen.
Es wird Nachmittag und die Lockerheit geht verloren, vier, fünf Stunden die ich jetzt im Sattel sitze und es geht nur Bergauf.
Dafür wird’s Landschaftlich spannender, endlich ein toller Blick ins Tal. 300 Meter über mir ein Hotel das aussieht als könnte da die Passhöhe sein. Ich bin ziemlich fertig und die Pausen werden
länger. Ich krame wieder meinen Walkman raus und mit U2 auf den Ohren erstrampele ich die Höhe zum Hotel.
Ja und schnell wird klar, nein ganz oben bin ich noch nicht.
Immerhin eine ganze Ecke weiter ist die Passhöhe jetzt erkennbar, aber immer noch ein ganzes Stückchen weg.
Aber irgendwann ist dieses Stück auch gemeistert.
Furkapass mit über 50 Kilo unter den Füßen und wieder ein kleines Stückchen weiter.
Noch ein Stückchen weiter, ein Wahnsinns Blick in das Tal das es jetzt runter geht Richtung Rhone. Einfach nur fantastisch und dazu die tiefstehende Sonne. Ein Wolkendecke die unter mir die Berge
einfach nur mystisch aussehen lässt.
Nichts wie ab in das Tal solange es noch hell ist.
Schnell bin ich unten und finde eine ganz passable Kuhwiese durch die ein kleiner Bach fließt, um mir den ganzen Schweiß von heute etwas abzuwaschen.
Ich bin im Rhonetal und es ist deutlich wärmer. Den Tag gehe ich gemütlich an nach der Anstrengung des Vortags.
Ein wirklich netter Radweg, fast alles bergab neben der Hauptstraße. Was hier als Radweg ausgeschildert ist geht bei uns teilweise als MTB Strecke durch. Aber nach kurzer Zeit wird dir Rohne breiter
und der Radweg angenehm flach.
Links und rechts Weinfelder, Apfelbaumplantagen, ja sogar Himbeer, Brombeer und Erdbeerfelder.
Die Äpfel sind so süß das mir der Gaumen zusammenklebt - Himbeeren und Erdbeeren müssen natürlich auch probiert werden - auch wenn sie noch nicht ganz reif sind.
Habe ich vorhin nicht über meine Scheisse reden wollen aber so nach zehn Äpfeln mit Trauben und unreifen Erdbeeren quirlt’s da ganz ordentlich im Bauch, richtige Gärprozesse.
Uuuulai, ich entwickel’ mich immer mehr zu einem Pups und Scheissmonster.
Am Ende des ersten, zweiten Tages im Rhonetal; ein wirklich netter Platz den die Schweizer auch für sich entdeckt haben. Einige Feuerstellen, schöne Kieferbäume die Schatten und Schutz bieten und aus
einer riesigen Felswand sprudelt ein kleiner Bach der zweihundert Meter weiter in die Rohne fließt.
Hier bleibe ich und mache mir sogar ein kleines Lagerfeuer abends zum aufwärmen und einfach nur entspannen. Links neben mir diese riesige Sandsteinfelswand die mehrere hundert Meer hochgeht und
rechts von mir fließt die Rhone ganz leise. Irgendwo klingen Schafsglocken.
Ich bin gerade am zusammenpacken da parkt ein uralter VW Käfer neben mir, ein älteres Männlein hinterm Steuer, packt sein Fernglas aus und beobachtet die Vögel.
Obwohl ich keine fünf Meter neben ihm bin scheint er mich gar nicht bemerkt zu haben.
Er erschrickt richtig als ich ihn freundlich anspreche.
Ein richtig knuffiger alter Schweizer. Einen den man nur gerne haben kann, eine Ruhe und Seele von Mensch; wir unterhalten uns eine ganze Weile. Seinen Käfer hat er vor 49 Jahren als sein erstes Auto
mit Dreißig gekauft. Er wird Achtzig und der Käfer Fünfzig - unglaublich was für eine Wertschätzung. Er meint er würde ja nur noch kurze Strecken mit seinem Auto fahren, immer nur hierher um die
Vögel zu beobachten und mal zum Einkaufen.
Ich verabschiede mich und rolle die Rhone weiter bis Martigny. Es ist Nachmittag bis ich diese sehr langweilige Stadt erreiche aber ich finde nicht sofort die Straße Richtung Chamonix. Nur Schilder
die über den Sankt Bernhard Pass gehen und nur als Autobahn ausgeschildert sind. Und das trotz meines Garmin, der mir bis dahin allerbeste Dienste geleistet hat.
Auf einem Supermarktparkplatz krame ich meinen Laptop raus und überlege wie ich weiterkomme. Soll ich nicht doch einfach dem Rohnetal weiter an den Genfer See folgen???
Das wäre die sehr viel entspanntere Route - Aber he, ich hatte mir in den Kopf gesetzt einen Trans oder besser Queralp zu fahren - und was wären die Alpen ohne Mt Blanc Massiv ???
Also, und mit etwas Geduld finde ich mich auch zurecht und die Straße die Richtung Chamonix führt.
Eine Straße die am Ortsausgang Martignys ganz unscheinbar aber sausteil die Weinberge hochkurbelt. ... und ich kurbel und kurbel und kurbel ...
Die Dämmerung bricht ein und ich stehe immer noch mitten am Hang. Drei Stunden später und wieder 1000 Meter weiter oben über der Rohne kommt dann endlich der Pass.
Yakyakyak und wieder ein Stückchen ab und ohne es wirklich zu wollen fahre ich so lange durch die Dunkelheit bis ich an die französische Grenze komme.
Sollte in dem beleuchtetem Kabuff an der Grenze tatsächlich noch ein Zöllner sitzen muss der sicher auch denken der hat sie nicht mehr alle.
Kurz hinter der Grenze eine Gruppe junger Kletterer die mir einen Tipp für einen guten Campingspot geben. Tatsächlich ein super Plätzchen mit Wasch und Badegelegenheit.
Vive la France!
Unglaublich, die letzten zehn Tage in der Schweiz bin ich mit hundert Franken zurechtgekommen. Dabei hatte ich mit viel mehr gerechnet und mir damals in Davos gleich Zweihundert abgehoben. Das obwohl
ich davon die zwei Cafés von Starbucks (die ich bezahlt habe) mit fast 20 Euro zu Buche geschlagen haben.
So, jetzt sitze ich im Mont Blanc Massiv, nach einer Bade und Waschaktion am Morgen geht’s wieder auf die Piste. Weiter einer Bergstraße folgend auf den nächsten Pass.
Da ist er vor mir, noch eine Ecke weg aber die weißen Zipfel des Mont Blanc Massivs direkt vor mir. Hier ist es empfindlich kalt geworden, mit zwei lagen Windstopper geht es jetzt nur noch Bergab
nach Chamonix; wohl dem bekanntesten Skigebiet. Vor vielen, vielen Jahren war ich hier sogar mal im Winter. Aber von dem Ort hätte ich gar Nix wieder erkannt.
Es nieselt, ich mach meine Einkäufe und versuche mein Sachen heimzuschicken. Auch hier wollen die fast vierzig Euro für fünf Kilo. Nee, da schlepp ich das Zeug doch lieber noch ein paar hundert
Kilometer mit mir rum - soll ja schön machen.
Spätestens bei meinem Onkel in Perpignan werde ich wohl einiges Gepäck lassen.
Jetzt stehe ich immer noch mitten in den Alpen und es regnet. Im Tourioffice gibt’s Wi-Fi kostenlos, so hocke ich mich da ins Trockene und surfe ein bisschen.
Die machen schon um fünf zu und so sitzen wir zu Zehnt überdacht vor der Touristen Information: Holländer, Japaner, Amis, alle mit Laptop oder Smartphone und nutzen das kostenlose Internet.
Es wird dunkel und der Regen hört nicht auf. Raus aus der Stadt und auf der suche nach einer trockenen Bleibe.
Aaaber goa nix. So schiebe ich mein Rad 15 Kilometer unterhalb von Chamonix eine Skipiste hoch und teste ein erneutes Mal meinen Swimmingpool.
Hilft ja alles nix, im Regen aufgebaut und am Morgen wieder im Regen abgebaut. Ekelwetter, aber es ist besser sich auf dem Bike zu bewegen als im Planschbecken zu frieren.
Noch ein Stück das große Tal abwärts gefolgt, ehe ich nach links abbiege um dem Tal nach Ugine der D1212 zu folgen.
Klasse, es geht endlich wieder bergauf.
Ja richtig: ich freue mich bergauf zu strampeln - so weit bin ich schon, aber nur weil mir vom runterfahren nicht warm wird.
Unter den Regenklamotten dauert es dann auch nicht lange bis ich komplett nass bin.
Bis jetzt hatte die Jacke den Regen abgehalten, aber ich schwitze derart das ich binnen 10 Minuten komplett durchgeschwitzt bin.
Aber es kommt Besserung, der Regen hört auf und Richtung Abend reißt sogar die Wolkendecke auf. Ich habe das obere Ende des Tals erreich von wo es jetzt eigentlich eine Schlucht nur noch runter nach
Ugine geht. Ein schönes Lichtspiel: die untergehende Sonne in den Wolken reflektierend, mit den Bergen im Hintergrund.
Aber von wegen Downhill in der Schlucht - Bauarbeiten blockieren die Straße. Ich versuche drumherum zu kommen, aber keine Chance. Die Umleitung verläuft via einem Seitental, und das bedeutet immer
mal wieder Hoch und ein Stück runter. Bis ich in Ugine bin ist es komplett finster, in diesem Tal hat es bis Ugine aber kein vernünftiges Plätzchen gegeben, zumal ich noch einen kleinen Schluck
Benzin zum kochen gebrauchen könnte.
Aber in Ugine sind schon alle Tankstellen geschlossen. So fahre ich das Tal Richtung Albertville weiter und mache in einem Dorf neben der Hauptstraße halt.
Da mein Zelt immer noch nass ist suche und finde ich eine kleine Hütte mit Vordach. Ich hänge mein Zelt zum trocknen auf und hoffe das mir die paar Tropfen Benzin zum kochen reichen.
Jaa es reicht sogar noch für den Kaffee am Morgen. Etwas später kommt auch die Sonne wieder zum Vorschein. Ich hänge alles zum lüften raus was feuchtgeworden ist, ein echtes kleine Biotop was sich so
in meinen Taschen entwickelt.
Jetzt geht’s zwei Tage lang ein großes Tal Richtung Süden.
Es wird deutlich wärmer auf der Südseite des Mont Blanc. Mit dem Berg im Rücken geht es als Talabwärts an Albertville vorbei nach Grenoble. Schönste kleine Straßen parallel zur Hauptstraße. Auf der
Route National komme ich trotz Gegenwind am schnellsten voran, aber mache doch immer wieder Abstecher auf die Nebenstraßen die parallel dazu durch die Weinberge führt. Die ist dann aber immer mehr
eine kleine Achterbahn und ich habe das Gefühl durch dieses ewige Zickzack nicht wirklich weiter zu kommen.
Umgekehrt auf der Bundesstraße hier sehe ich nichts von der Landschaft und der Verkehr nervt nicht nur sondern ist auch noch saugefährlich.
So ziehe ich die etwas langsameren und anstrengenderen Nebenstraßen vor, und schaue immer mal wieder zurück zum Mont Blanc. Ja Irgendwann will ich da auch einmal hoch.
In Grenoble angekommen lasse ich mich gut eine Stunde durch die Stadt treiben.
Einfach nur toll diese kleinen Gassen, vielen Cafés und Märkte mit kleinen Geschäften.
Da fragt man sich nur wie die es schaffen alle zu überleben. Hier findet das leben viel mehr draußen auf der Straße ab als bei uns.
Ja langsam erreiche ich das Südländische. Ich finde ein nettes Café in dem ich mich niederlasse und ein bisschen meinen Blog weiterschreibe.
Ich beschließe aufgrund der Wetterlage nicht weiter durch die Südalpen an das Mittelmeer, sondern ein kleines Stückchen Richtung Nordwesten rüber in das Rhonetal zu Radeln.
Eine gute Entscheidung wie sich später rausstellt.