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Blog 8 Marokos Norden Tangier bis Gulmin
in Gibralta übergesetzt durch das Hinterland nord Marokkos, Fes Rabat, Casablanca Marrakesch über den Atlas und Antiatlas in die  Westsaharah

Afrika vor mir
Der Norden Marokkos

 

Noch im Hafen vor der Fähre ein erster Eindruck wie chaotisch sich Leute vordrängeln und aufs Schiff zu kommen. Die Fähre hat gut 2 Stunden Verspätung. Oben an Deck die Typische Gruppenbildung unter den Marokkanern, Frauen und Männer sitzen an getrennten Tischen.

Keine Stunde später bin ich drüben und habe schon drei Adressen wo ich überall vorbeischauen soll. Klar, so ein kleiner Umweg von drei, vier hundert Kilometern, nur um eine Tasse Tee zu trinken ist doch immer drin.

Die Fähre steuert nicht mehr Tangier direkt an, sondern einen neuen Hafen 40 Kilometer nördlich von der Stadt.

Die Küstenstraße ist klasse, phantastisch Steilküste, Achterbahnfahrt bis Tangier City. Auf der anderen Seite versinkt Europa ein letztes Mal im goldenen Sonnenuntergang. Dafür auch ein erster Geschmack an Staub und Dreck, Abgasgestank der Trucks und Plastikmüll ohne Ende am Straßenrand.

Mein erster Tag in Afrika geweckt von Kindern die ihre Ziegen an meinem Zelt vorbei treiben. Der Bauer, ebendann, ruft erst irgend etwas runter zu mir, verschwindet, kommt kurz danach mit Kaffee und Brot für mich zum Zelt, setzt sich neben mich, trinkt ein Glas Tee mit und raucht seine Haschischpfeife. Nach zwanzig Minuten ist er wieder weg.

Ich radle auf der Hauptstraße nach Tanger rein. Eine Großstadt mit verrücktem Verkehrstreiben. Ich cruise zwischen LKWs, Mofas und Rikschas durch die Straßen. Ich habe keinen Plan wie der Dirham zum Euro steht, und in zwei kleinen Märkten kaufe ich Einiges zum Essen, teste die Währung und schau mich um was es so alles zu kaufen und zu sehen gibt.

Ich setze mich an den Strand, die ersten die kommen sind die, die immer irgendetwas wollen: Geld oder mir irgendetwas verkaufen. Jeder hat irgendeinen Freund der Verwandte in Deutschland oder Holland hat. Nicht gerade der Ort um auszuspannen oder gar in Ruhe die nächsten paar Kilometer zu planen.

Raus aus der Stadt, noch 20 Kilometer dahinter die weiße Staubwolke die die Stadt umgibt, vorbei an Kilometer langem Sandstrand, alle paar Kilometer eine riesige unfertige Rohbausiedlung. Mit hunderten von Häusern aber nur ein paar wenigen Arbeitern. Es sieht so aus wie im Süden Spaniens und Portugals, auch hier hat die Krise zugeschlagen, und die Gebäude verfallen schneller als sie in Stand gehalten oder errichtet werden.

Abends erreiche ich einen größeren Ort. Hier lerne ich die wohl abenteuerlustigste Familie die mir je untergekommen ist kennen. Noch verrückter als die fünfköpfige Familie die mit Eseln und drei Kids Monate den Jakobsweg entlang sind und in Finisterre überwintern, um dann zurückzulaufen.

Robert aus England mit seiner jamaikanischen Frau und drei lustigen Rasta Kids zwischen neun und vierzehn. Fünfköpfig radelt diese Mischlingsfamilie mit ihren Musikinstrumenten durch Afrika.

Das Geld verdienen sie in den Sommermonaten in Frankreich, wo sie mit den Bikes von Festival zu Festival ziehen, aus ihren Rädern und Anhängern wird eine Bühne gebaut und dann wird musiziert und getanzt. Jeder hat eine eigene Rolle Instrument oder tanzt.

Jedenfalls fallen die total aus jeder Rolle, Robert und Mike unterrichten die Kids fernab von Schulen und leben mit und von den einfachsten Mitteln. Morgens suchen die Kids Eier auf dem Gelände, gehen alleine auf den Markt um Fische zu kaufen und nehmen die dann aus.

 

Auf dem Campingplatz wo sie seit ein paar Wochen sind ist noch einer den ich kenne: Bugi, der der mir vor sechs Monaten mit dem Motorrad hinterherfuhr, um mich einen Abend lang zu interviewen. Kurz danach muss auch er sein Rad beladen haben und ebenfalls nach Afrika runter geradelt und geflogen sein. Er hatte es inzwischen bis Dakar und wieder zurück geschafft.

Ich lasse mir da deutlich mehr Zeit, verbringe einen Tag mit den Kids und Robert am Strand und wir essen gemeinsam Tajim. Wir machen Witze und erzählen uns gegenseitig Stories. Manche Geschichten von denen klingen einfach nur zu abenteuerlich. Wie zum Beispiel eines Abends von Mafiosos in Marokko aufgespürt zu werden, weil die sie ebenfalls für Gangster hielten. Aber als die die Kinder sahen wurden sie eingeladen, die Wandschränke voll mit Geld und Koks auf den Tischen.

Abends verabschiede ich mich nach einem schönen Tag mit der kunterbunten Familie und verziehe mich Richtung Strand.

 

Zu mindestens was Marihuana betrifft: Kiffen tut hier im Norden Marokkos wohl jeder Zweite. Überall wo ich langradel riecht es nach Gras, was die Jungen und Alten in einer langen Haschpfeife rauchen.

Von der Küste weg zieht’s mich ins Hinterland in die Berge des Rif Rif Richtung Chefchauen.

Eine Mischung aus Schwarzwald und Schwäbischer Alb, zurückversetzt ins 18. Jahrhundert.

Ja hatte Neuseeland einst auf fünf Millionen Einwohner fünfzig Millionen Schafe, so gibt es hier wohl auf fünfzig Millionen Marokkaner Milliarden von Ziegen und Schafen. Keine Ahnung aber das ist wohl das einzige was die hier können; Ziege und Schafe hüten, und manch einer der seine Kuh an der Leine Gassi führt.

Ja, was das betrifft ist die Zeit hier stehen geblieben. Trotz Schulpflicht gehen einige Kids nicht hin, es herrscht die Einstellung das Lesen und Schreiben wohl überbewertet wird.

Aber lange nicht überall, viele Schulen an denen ich vorbeiradele und die Kids mir „Bonjour“ zuschreien wenn sie mich sehen. Aber eben auch ganz viel Jungen und Mädchen die zu Schulzeiten draußen Schafe und Ziegen hüten oder gar nichts tun. Was das betrifft sind viele Kinder Engel und manche Teufel. Richtig stressig sind die Jungs, die mir vor allem wenn’s seil bergauf geht Kilometer lang mitlaufen und an meinem Fahrrad und Lenker ziehen um Geld oder Bonbons zu bekommen.

Dreimal sogar Kids die Steine nach mir geschmissen haben. Aber woher sollen sie es auch haben, wenn selbst Erwachsene oder die große Schwester mal mit Steinen hinter ihnen herwirft?

Überall Esel als Transport- und Arbeitsmittel, ja das Tier muss hier für vieles herhalten auf dem Feld, schwer bepackt, dann noch ein Reiter obendrauf, oder vor einen Wagen gespannt.

Wie einst in Rumänien ist dieses Tier Transporter Numero Eins, vor allem je weiter ich ins Hinterland komme.

Auf den Straßen die ganzen alten Mercedes bei denen der TÜV vor Jahren abgelaufen ist. Aber neben den Straßen die ganzen Pfade zu den Dörfern, sind mit Autos kaum oder gar nicht befahrbar und so bleibt die Kuh, Esel, Pferd, Ziegen und Schafe nur noch als Fortbewegungsmittel.

Mitten im Rif Rif, es wird richtig steil, steinige kleine Straßen und fast keinen Auto/LKW Verkehr mehr. In der Sonne schwitze ich, dann wechselt das Wetter: Hagel und Regen. Mitten in den Bergen muss ich einen Tag verharren, weil die Straßen ringsherum schwimmen. Um Chefchauen tolle Täler und Berglandschaften. Achterbahnfahrt vom feinsten und es ist so ziemlich anstrengend. Nach den letzten Monaten Spaniens und Portugals bin ich berganstiege wie diese nicht mehr gewöhnt und es dauert bis ich in den Rhythmus komme.

Ich teste die marokkanische Küche hier im Norden. Überall am Straßenrand wird gegrillt und man trifft sich auf einen Tee oder Kaffee. Der für marokkanische Verhältnisse echt teuer ist. He, sechzig, siebzig Cent bis zu einem Euro für einen Tee oder Kaffee; da waren Portugals Kaffees ja billiger.

Ab und zu gönne ich mir einen Tee, alleine um mit den Menschen ein bisschen in Kontakt zu kommen. Morgens mache ich mir aber immer meine zwei Tassen Espresso selber um mich etwas zu dopen. Selbst in den Herbergen und Hotels wo ich unterkomme koche ich meinen Kaffee. Manchmal für ein paar nette Gäste oder sogar für das Personal gleich mit.

Ab und zu lade ich morgens Hirten, mit ihren Ziegen und Schafen neben mir ein, wenn sie nicht zu aufdringlich sind. Fast genau so oft wie ich morgens einen Tee oder Kaffee von irgendwoher herbeigetragen bekomme, mach ich eben einen Kaffee für die.

Oft wird dazu die Haschisch Pfeife ausgepackt, kurz durchgezogen und nach zwanzig Minuten sagt man sich auf Wiedersehen.

Ein kleines Stückchen südlicher Richtung Fès riesige Reisfelder und Plantagen die sich über weite Hügellandschaften erstrecken. Riesige Felder soweit das Auge reicht. Hier muss es ein paar richtig reiche Bauern geben, von denen weit und breit keiner in Sicht ist. An den Feldrändern ein paar arme Hirten mit ihren Ziegen.
Welcome to Afrika, ein paar Mega Reiche zu den vielen Armen.

In Fès erreicht mich nicht nur ein Unwetter, mein Magen lernt die ersten afrikanischen Salmonellen kennen. Für überteuerte vierzig Euro bleibe ich vier Nächte in einer Absteige die behauptet ein Hotel zu sein. Im Sturm nachts klappert das Plastikdach so laut das man glaubt es reist gleich ab.

Nach drei Tagen ist der Spuk vorbei. Mir geht’s wieder besser, noch immer mit leicht weichen Beinen radle ich weiter nach Rabat.

Rabat ist die Landeshauptstadt Marokkos, so bekannt wie einst Bonn. Ich würde ja am liebsten weiter durchs Hinterland fahren, aber ich brauche ein Visum für Mauretanien und das gibt es nun mal nur hier, in der Küstenstadt. In einer netten Jugendherberge komme ich für fünf Tage deutlich günstiger unter. Langsam finde ich mich auch in den Städten zurecht. Vier, fünf Euro pro Nacht und auf den Straßen der alten Medina - der Innenstadt - Sandwiche mit Fisch, Fleisch und Eiern für 50 Cent, marokkanische Pizza und Süßkram das mir inzwischen zu den Ohren raus wächst.

Rabat ist lange nicht so hektisch, touristisch und stressig wie Fès, Meknès und Tanger zuvor.

Viel entspannter als in allen Horrorstories die ich zuvor hörte bekomme ich mein mauretanisches Visum. Morgens um fünf stehe ich vor der Botschaft, viel zu früh. Gut zwanzig Afrikaner und vier Europäer die heute ein Visum wollen. Ja, aber ich kann mir sehr gut vorstellen was für ein Chaos herrscht wenn hier zwei, drei Hundert ein Visa wollen. Alleine das Chaos was bei den dreißig heute entsteht. Maximal bearbeiten die hier 80 bis 100 Visa, das bedeutet an manchen Tagen herrscht hier ein wahrer Straßenkampf. Es ist aber auch der Ort um Gleichgesinnte die Richtung Mauretanien fahren zu treffen und sich auszutauschen. Ich bekomme für etwas mehr Geld das dreimonatige Visum, nicht wie andere nur einen Monat. Das würde mir noch nicht einmal reichen um an die mauretanische Grenze zu kommen. Das lässt mir genug Zeit noch etwas durch Marokko und den Atlas zu touren.

Neil, ein Engländer der mit seinem Motorrad durch die Sahara will und die Prozedur schon kannte, erzählt von andern Zeiten hier an der Botschaft und kennt ebenfalls so manch ein lustige Botschaftsgeschichte von hier.

Zu zweit laufen wir runter in die Altstadt, trinken Kaffee, warten bis wir unsere Reisepässe wieder abholen können. Ein älteres deutsches Männlein der lauter Sinn und Unsinn herplappert. Der sich auf englisch und deutsch mit uns unterhält, von einem Tiger erzählt, der ihn am Bein verletzte, Sohn eines Grafen und Weltreisender aller Länder. Der Typ ist so schräg, das selbst die sonst so nervenden Straßenhändler Probleme haben, ihn wieder loszuwerden. Zu lustig anzusehen wie ein Handyverkäufer der uns seine Mobiltelefone andrehen will, nun wieder versucht sein Telefon zurückzubekommen. Der schräge Vogel hat das iPhone fest in der Hand und erklärt dem Händler das er auch schon mal ein Telefon hatte – Haha. Dieser Typ nervt nicht mehr so schnell.

Mit dem Visa in der Tasche raus aus Rabat, fünf Tage waren Erholung genug. Die Küste runter an Mohammedina vorbei durch Casablanca nach El Jadida.

Rauer Küstenwind der mir ins Gesicht bläst. Niesel und Gegenwind, so macht biken nicht unbedingt Spaß. Von wegen dem versprochenem Rückenwind, mir bläst die Gischt gerade so um die Ohren.
Eine zugebaute industrielle Küste. Vermüllte Strände an denen ich campe. Morgens das gleiche Bild wie abends, Jugendliche die am Strand Fußballspielen.

Egal wo, in den Bergen wie am Strand, Jugendliche die nicht mehr in die Schule gehen und, wenn sie nicht gerade Schafe, Ziegen oder sonst etwas hüten spielen sie Fußball.

Aber eben nur die Jungs, nicht ein Mädchen, das ich beim Ballspielen entdeckt hätte. Ja die Rolle der Frau hinkt hier noch ganz schön hinterher. In Städten und großen Dörfern laufen zwar viele Mädchen und junge Frauen ohne Kopftuch rum, aber im Hinterland sind sie meist verschleiert. Die Frauen die die Feldarbeit machen oder schwer beladen Holz oder sonst etwas auf dem Rücken tragen. Das in einem Zweitweltland – Schwellenland, ich denke das wird Richtung Süden, im Herzen Afrikas noch sehr viel härter.

Casablanca, die Großstadt Marokkos. Riesig angelegte Straßen und Alleen, größer und moderner als alle anderen marokkanischen Städte. Hier hält mich nichts, ich bin genauso schnell wieder draußen wie ich reinkam. Noch zwei schöne Tage der Küste entlang nach El Jadida. Nachmittags erreiche ich das Städtchen und verlasse die Küstenstraße. Es wird dunkel bis ich aus der Kleinstadt draußen bin. Links und rechts Industriegelände, erst zwanzig Kilometer hinter der Stadt nehme ich einen Feldweg von der Bundesstraße N1 runter. Neben den Feldern immer Häuser und Hunde die bellen. Im Dämmerlicht suche ich mir einen Platz. Ein Bauer mit Frau der mich entdeckt, und mir ein anderes Örtchen zuweist.

Ich beziehe Quartier, schlage mein Zelt auf und esse etwas. Gerade habe ich mich in meinen Schlafsack gemurmelt, höre ich Getuschel. Es wird lauter, Mofas kommen und leuchten mein Zelt an.

OK, raus aus den Federn und gute Miene gemacht. Ich stelle mich vor, einer der sich für den Chef des ganzen hält will meinen Pass sehen und glaubt noch nicht einmal dass das mein Ausweis ist. Dann telefoniert er ewig rum und hält mir dauernd das Telefon ans Ohr. Keiner kann Englisch oder Französisch, nur Arabisch.

Mir ist klar das ich hier nicht bleiben kann, also Zelt wieder unter den Augen der immer größer werdenden Meute abgebaut und aufgeladen. Ich verabschiede mich und will noch ein Stück weiter. Auch wenn’s scheiße ist auf der Bundesstraße bei Dunkelheit zu radeln, es hilft nichts.

Der Dorf Papa meint er müsse mich mit dem Motorrad begleiten, und zwar zurück nach El Jadida. Es ist nach zehn und ich bin hundemüde. Als ich auf der Hauptstraße die andere Richtung einschlage wird Dorf Papa richtig aggressiv und zwingt mich mit ihm in die Stadt zu fahren. Mit noch zwei weiteren Mopeds in Begleitung geht es zurück in zur Stadt. Sie sind der Meinung dass ein Tourist wie ich nur sicher in einem teuren Hotel ist. Kurz vorm Stadtzentrum die Befreiung. Ein Verkehrspolizist, der den Verkehr noch um diese Tageszeit regelt, ruft seinen Chef herbei. Dorf Papa redet auf den Police Chief in Weiß ein und nach fünf Minuten ist der Bär gegessen.

Das Männlein in Weiß, der Chef des Kreisverkehrs, schüttelt mir die Hand und sagt: „Welcome to El Jadida.“ Danke, aber hier war ich schon heute Mittag.

Aber bevor ich Dorf Papa loswerde will der noch 50 Dirham fürs Benzin. Ich hatte schon damit gerechnet, aber ihn auch nicht nach seiner Begleitung gefragt. Ich drücke ihm zwanzig Dirham in die Hand und verziehe mich Richtung Strand. Etwas außerhalb der Stadt hatte ich hier mittags schöne Sanddünen am Meer gesehen, in denen ich jetzt nachts nach Zwölf mein Lager aufschlage.

Sogar die zwei Polizisten der Strandpatrouille am nächsten Morgen, die an meinem Zelt vorbeireiten, grüßen nun freundlich, noch nicht einmal ein Kommentar dass ich hier nicht noch eine Nacht bleiben könne.

Die Straße zurück ins Hinterland nach Marrakesch. Noch 50 Kilometer die N1 runter, der Bundestraße der ich wohl später noch hunderte von Kilometern bis an die mauretanische Grenze folgen werde.

Jetzt aber runter und der N7 folgend über ein Hochplateau in Richtung Atlas. Hier im felsigen Gebiet ist Marokko weniger dicht besiedelt. Die Straße schlängelt sich durch die Felsen in Richtung Süden.

Da liegt er vor mir, der Atlas, mit schneebedeckten Kuppen, und am Fuße Marrakesch.

Einer Stadt wie aus Tausend und einer Nacht. Zwei, drei Mal durchquere ich die Stadt auf der Suche nach einer billigen Bleibe. Für 10 Euro die Nacht darf ich auf der Dachterrasse eines Hotels schlafen, das ein netter Franzose betreibt.

Erst am zweiten Tag finde ich die richtige Riad Aisha – einem Kontakt über Couchsurfing. Es gibt drei Riad Aischa, und ich hatte die Falsche raus geschrieben. Loek, ein lustiger Holländer, hat beschlossen, auf seine alten Tage noch einmal ein Hotel zu betreiben. Mit über siebzig Jahren leitet er jetzt seit einiger Zeit diese Riad, die er liebevoll renoviert hat. Swimmingpool, Dampfbad und eine Dachterrasse wie ich sie schon die letzten zwei Nächte hatte.

Von hier oben ein genialer Rundblick über die Stadt. Ein toller Blick über die ganzen Flachdächer, und im Hintergrund die Bergkuppen des Atlas.

Von hier erkunde ich ein bisschen die Stadt. Unmöglich sich sofort zurecht zu finden. Erst nach zwei Tagen und etlichen Stunden Marrakesch finde ich mich in diesem Gewusel und überdachten Gassen zurecht. Manchmal komme ich mir wie in einem Cheat Modus eines Computerspiels vor, wenn ich ab und zu auf mein Navi linse, aber he, wenn ich mich umschaue; fast alle Touries hier benutzen ihr Smartphone zur Orientierung. Wie haben die Touries das nur vor fünf, sechs Jahren gemacht? Gut, dann läuft man eben etwas länger oder zahlt einem Jungen ein paar Dirham um den Weg zu weisen.

Ich könnte hier noch eine ganze Zeit verweilen so viel Spaß macht mir Marrakesch, aber es ist auch mit Abstand der teuerste und Touriereichste Ort Marokkos. Obwohl ich bei Loek umsonst wohnen kann. Ja, er hat mich sogar immer zum Essen und Mitessen bei seinen Gästen eingeladen.

Raus aus Marrakesch und rein in die Berge. Hier wohnen die Berber, bekannt für ihre Handfertigkeiten und Künste. Die Dörfer hier am Fuße des Atlas gleichen Kitschausstellungen. Ketten, Tücher, Teppiche, Steine und Tonkrüge, alles Kunstvoll entlang der Straße aufgereiht. Erst am zweiten Tag bin ich so weit in den Atlas rein geradelt das der Kitsch am Straßenrand abnimmt.

Ich nehme nicht den direkten Weg, ein Mountainbiker den ich im Café traf gab mir ein paar Tipps. Ja, langsam sollte man mich ja kennen, der schnellste Weg war noch nie so mein Ziel, und schöne Pässe lasse ich nur ungern aus, auch wenn es mit meinen über fünfzig Kilo schwerem Biki etwas länger Bergauf dauert. Und es geht richtig hoch, vier Pässe, zwei davon an die und über 2.000 Metern, alleine hier im Haut Atlas.

Dazwischen diese schöne Lehmdörfer der Berber, die ähnlich wie in Nepal in die Berge gebaut sind.

Von der Art und dem Aussehen unterscheiden sich die Berber deutlich von den anderen Marokkanern.

Ja, in den Bergen fühle ich mich wohl, frische Bäche, klare Luft und der Kampf mit dem Berg. Aber wenn man dann oben auf der Passhöhe steht weiß man warum man sich so gequält hat.

Traumhafte Aussichten mit rasanten Abfahrten auf den Teils geschottert und teils asphaltierten Bergstraßen. Aber alles gut befahrbar. LKWs die völlig überladen gerademal mit zwanzig Kilometern an mir vorbeiziehen. Ganz oben auf diesen Gefährten turnen dann noch die Jugendlichen und Erwachsenen.

Inschallah – So Gott es will. Es wird schon gut gehen. Das ist so die Lebenseinstellung. So wird hier auch fast nirgends ein Motorradhelm getragen.

Yakyakyak – Ich fühl mich wie eines der Hochlandrindviecher im Himalaya. Der dritte Tag im Atlas. Heute bin ich über 2.000 Höhenmeter hochgeradelt, mir geht’s bestens. Ich stehe ganz oben auf dem Tizi-n-Tichka Pass auf 2.100 Metern und unter mir die Ebene von Wolken verdeckt. Das sieht richtig mystisch aus. Dahinter im Sonnenuntergang gerade noch zu erkennen: Bergkuppen des Antiatlas.

Yes, der Blick auf meinen 40.000 Zoll Flachbildschirm!
Manchmal kann dieser Planet eben doch noch spannender aussehen als Computerspiele oder die geschönten Naturbilder von BBC auf einem 60 Zoll Fernseher.

1.500 Höhenmeter die runter ins Tal führen. Aber die zwei Jungs hier oben überreden mich zum bleiben. Zur Belohnung des Tages gönne ich mir eine große Tgjim für ganze 8 Euro. Dafür darf ich dann auch hier oben hinter der Hütte mein Zelt aufschlagen.

Nachts hält mich ein junger Hütehund auf Trab. Er hatte sich samt Leine losgerissen und bleibt zwei Mal mit der Kette die er am Halsband hinter sich her schleift an meinen Zeltheringen hängen. Hätte der nicht so viele Zecken und Flöhe, hätte ich ihn ja sofort mit ins Zelt genommen soo süß und tollpatschig war der.

Am Morgen genieße ich bei einem Tee mit den zwei Jungs noch einmal die Aussicht ins Tal, heute Morgen ohne geschlossene Wolkendecke, eine freie Sicht steil in das weite Tal und dahinter die lächerlich klein wirkende Bergkette des Antiatlas.

Heute Morgen jede Menge Touriverkehr, Jeeps und Range Rover mit den typischen europäischen Outdoor Boys and Girls, mit ihren super Geländewagen und stylischen Klamotten, von denen ich in den nächsten Tagen noch jede Menge an mir vorbeiziehen sehe.

Ein wunderschöner Downhill aus dem Haut Atlas raus. Vierzig Kilometer nur bergab. Im Rücken Berge, vor mir eine Hochebene und dahinter der Antiatlas - Ich komme!

Im Tal das die zwei Atlasse trennt treffe ich einen Belgier: Henri Nussbaum. Mit einem einfachen Tourenrad, zwei Satteltaschen und einem Plastik-Einkaufskorb hinten drauf. Wir plappern was das Zeug hält, wir verstehen uns blendend. Wir stehen mitten in der Mittagssonne, ein Marokkaner der belustigt anhält und uns zuschaut. Erst nach einer ganzen Weile fällt mir auf das Henrys linker Arm runter hängt.

Bei einem Radcrash vor Jahren seien die Nerven abgerissen und so meistert er seine ganzen Radtouren seit Jahren nur mit einem Arm. Hut ab vor solchen Menschen die mit solchen Handicaps weiter Abenteuer bestreiten. Vor allem verzichtet er ganz auf teure Ausrüstung. Noch nicht einmal eine Digitalkamera, Handy oder Navi hat er dabei.

Es ist Nachmittag geworden. Im nächsten großen Ort decke ich mich mit lauter Leckereien ein. Manchmal komme super günstig davon, manchmal Preise wie in Europa. Ja, Abends wird geschlemmt und dann kommt der nächste Abend an dem ich leicht hungrig ins Bett gehe, weil mir das Benzin ausgelaufen ist. Ich sehe das ganze als Training für die Wüste an. Da werden sicher einige Hunger- und Durststrecken auf mich warten.

Drei Fischbrötchen für nicht mal einen Euro und mit vier dicken Pfannkuchen eingedeckt bezieh ich so Nachtlager. Ein Kilometer weiter eine Art Mülldeponie, überall fliegen Plastiksäcke durch die Gegend oder haben sich in Bäumen und Sträuchern verheddert.

Nachts Besuch von den streunenden Hunden die auf der Halde Leben, aber nachdem ich sie einmal angeblendet habe werde ich in Ruhe lassen. Trotzdem hält mich ihr Geheule die halbe Nacht wach.

Weiter, Ich biege ab aus dem Tal das den Haut- und den Anti- Atlas trennen rein in die Hügel des Antiatlas, die vorgestern doch noch so überschaubar aussahen.

Von wegen süß, noch einmal fünf Tage mit zig hundert Höhenmetern. Den ganzen Tag Windböen die mich vom Rad blasen wollen. Aber landschaftlich zu den Tagen im Haut Atlas ein toller Tapetenwechsel.

 

Serpentinen schlängeln sich durch die Berge, oft ist nicht erkennbar wo der Weg weitergeht. Ein Traum für Motorradfahrer. Obwohl ich inzwischen eine ganze Ecke in Marokko drin bin täglich zwei duzend Biker und noch einmal so viele französische Campervans. Oft in dreier oder vierer Gruppen. Wohl schon lange kein Geheimtipp mehr. An den Oasen ganze Campervan-Parks mit hunderten von Wohnmobilen geparkt zwischen den Palmen, meist wohlbeleibte Rentnern die sich halbnackt neben ihrem Gefährt in der Sonne aalen. Die liebevoll auch als Heuschreckenplage hier bezeichnet werden.

Ja, die Landschaft hier hat was spannendes – anziehendes, die Gegend hier ist nur noch dünn besiedelt, und nachts finde ich immer einen ruhigen schönen Platz hier draußen.

Aber ich bin noch mitten in den Bergen. Ein Wetterumschwung; kalter Regen und ich zittere wie ein nackter Pudel.

Ich dachte ich bin in Afrika wo es nur warm ist. Pustekuchen, die letzten Wochen haben immer wieder gezeigt wie schnell sich das Wetter auch hier ändern kann.

Auf der Hochebene von 1.700 Metern, der Wind und Regen pfeift um mich herum. Für die Abfahrt krame ich meine letzten warmen Sachen raus, die ich als Notreserve mitführe, den anderen Kram hatte ich die letzten Tage verschenkt, sogar die Handschuhe brauche ich dringendst, die mittlerweile tief in meinen Satteltaschen verbuddelt sind. Ighrem, ein Hotel für ganze vier Euro ist meine Rettung. Heute immerhin ein trockenes Zimmer und ich muss nicht bei dem Wetter im Regen mein Zelt aufschlagen.

Ja, ich gebe es zu, minimaler Luxus, der aber besser ist als krank werden. Aber hier wird auch echt gespart, nicht einmal eine funktionierende Dusche, keine einzige Steckdose im Raum. Immerhin ein Lichtschalter, aber schon auf der Toilette funktioniert die Lampe nicht mehr. Am nächsten morgen Sonnenschein als wäre nichts gewesen. Weiter zwei Tage über die Hochebene und die Kleinen Pässe des Antiatlas.

Tafraout, wohl der Oase für Campervans, einem verträumten Nest mit ganz toll von Wind und Wetter geformten Sandsteinen. Das ganze Gebiet sieht ein bisschen aus wie das Gebiet um den Ayersrock in Australien. Ja, jetzt verstehe ich den Ausdruck Heuschrecken wirklich. Überall weise Campervanpunkte zwischen Palmen.

Eine letzte lange Abfahrt Richtung Guelmim vorbei an zwei, drei, vier oasenartigen Orten. Drumherum der Plastikmüll – vom Winde verweht. Und der Bläst kräftig. Voller Seitenwind, je wie die Straße führt mal mehr von vorne oder leicht von hinten. Und jede Menge Sand der ins Gesicht weht. So werde ich raus geblasen aus dem Atlas. Abends finde ich Schutz vor dem Wind in alten verlassenen Lehmgemäuern. Es wird immer flacher, wärmer, windigerer und sandiger. Unangenehm sind Windböen die mir den Dreck ins Gesicht blasen. Aber immerhin kein so krasser Gegenwind wie die Tage zuvor. Endlich schiebt mich der Wind wenn meist seitlich Richtung Süden

Guelmim, die Stadt am Rande der Westsahara. Extrem anstrengend, gleich vier Jungs die zwar gut Englisch und sogar Deutsch können, und mich zutexten, aber extrem suspekt sind. Immer wider soll ich auf einen Tee mit nach Hause kommen, aber Biki hier unten bei irgendeinem fliegendem Zigarettenhändler lassen. Schon klar, und danach stehen zwei Kamele daneben.

Und sobald ich sie abblitzen lasse werden die sogar noch frech oder aggressiv. Eigentlich wollte ich hier mal etwas ausspannen, mache nun einen Großeinkauf und radle noch gut zwanzig Kilometer raus. Ein zurzeit nicht genutzter Ziegenstall ein Kilometer von der N1 weg, hier bleibe ich zwei Nächte, am Rande der Westsahara. Weit im Hintergrund Nomaden mit ihren Kamelen. Jetzt sind es noch gut Tausend Kilometer Luftlinie durch die Westsahara, bis an die mauretanische Grenze.

 

 

 

 



 



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